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Britische Beteiligung am Krieg in SyrienCameron darf auf Labour hoffen

Am Mittwoch entscheidet das Unterhaus über britische Luftangriffe auf den IS in Syrien. Labour-Chef Corbyn hat für seine Partei den Fraktionszwang aufgehoben.

Unter dem Big Ben wird am Mittwoch entschieden, ob britische Flugzeuge auch in Syrien fliegen werden. Foto: ap

London afp | Eine britische Beteiligung an den Luftangriffen auf die IS-Dschihadisten in Syrien scheint seit Montag ausgemacht: Labour-Chef Jeremy Corbyn hob den Fraktionszwang für die größte Oppositionspartei auf, so dass Premierminister David Cameron mit einer großen Parlamentsmehrheit rechnen kann. Bereits am Mittwoch werde das Unterhaus abstimmen, kündigte Cameron am Abend an.

Wegen der knappen Mehrheit der konservativen Tories hätte es eng werden können, hätten die Labour-Abgeordneten geschlossen ihrem pazifistischen Parteichef Corbyn folgen müssen. Bei einem Treffen mit seinem Schattenkabinett sei aber auf Corbyns Empfehlung beschlossen worden, den Fraktionszwang in dieser Frage aufzuheben, sagte Corbyns Sprecher Seumas Milne. Allerdings dringe der Parteichef darauf, dass Cameron die Abstimmung auf nächste Woche verschiebe.

Doch dem leistet der Regierungschef nicht Folge: Am Mittwoch werde abgestimmt, ob sich Großbritannien an den Luftangriffen gegen die Dschihadistenorganisation Islamischer Staat (IS) beteilige, erklärte Cameron. Er hofft diesmal auf eine breite Unterstützung für die Ausweitung der Angriffe auf Syrien. Im Irak ist Großbritannien schon an den Luftangriffen gegen den IS beteiligt. Im August 2013 hatte das Parlament Cameron die Zustimmung für einen Militäreinsatz in Syrien verweigert.

Nach den islamistischen Anschlägen von Paris ist aber die Bereitschaft vieler Labour-Abgeordneter gewachsen, sich militärisch stärker gegen den IS zu engagieren. Dutzende von ihnen kündigten schon vor Montag an, für die britische Beteiligung an den Luftangriffen stimmen zu wollen. Dazu zählt auch Corbyns Stellvertreter Tom Watson.

US-Präsident Barack Obama drängte seinen russsischen Kollegen Wladimir Putin am Rande der UN-Klimakonferenz bei Paris, die Luftangriffe in Syrien auf den IS zu konzentrieren. Zudem bekräftigte Obama seine Forderung nach einem Abtritt des syrischen Präsidenten Baschar al-Assad, wie das Weiße Haus mitteilte. Ein Kreml-Sprecher sagte lediglich, beide Präsidenten seien sich einig, dass eine „politische Regelung starten“ müsse.

Auch Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach in Le Bourget mit Putin über den Kampf gegen den IS. Das Kabinett in Berlin soll am Dienstag ein Mandat auf den Weg bringen, wonach sich bis zu 1200 Bundeswehrsoldaten am Krieg in Syrien beteiligen könnten.

Seit Beginn des Konflikts über 250.000 Menschen getötet

Die russische Luftwaffe greift den IS, aber auch andere syrische Rebellengruppen seit Ende September an. Dabei wurden nach Angaben der Syrischen Beobachtungsstelle für Menschenrechte vom Montag mehr als 1500 Menschen getötet. Unter den Opfern seien 419 IS-Kämpfer, 598 Kämpfer anderer Rebellengruppen und 485 Zivilisten.

Die Aktivisten stützen sich auf ein Netzwerk von Informanten vor Ort, ihre Angaben sind von unabhängiger Seite schwer zu überprüfen. Seit dem Beginn des Konflikts im März 2011 sind der Beobachtungsstelle zufolge insgesamt mehr als 250.000 Menschen getötet worden.

Damaskus wies unterdessen Anschuldigungen zurück, in dem Konflikt jemals chemische Waffen eingesetzt zu haben. „Wir wollen kategorisch klar machen, dass wir seit Beginn der Krise und bis zum heutigen Tag niemals Chlorgas oder andere giftige Chemikalien eingesetzt haben“, sagte Vizeaußenminister Faisal Mekdad bei der Jahrestagung der Organisation für das Verbot von Chemiewaffen (OPCW) in Den Haag. Die OPCW hatte sich erst kürzlich „tief besorgt“ über den anhaltenden Einsatz von Chemiewaffen in Syrien gezeigt, allerdings keine der Konfliktparteien direkt beschuldigt.

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