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Brief aus BangkokHeuschrecken und „Pussy-Pingpong“

Hier hemmungslose Mallorca-Touris und dort kultivierte Individualreisende? Von wegen! Eine Abrechnung mit der Backpackerszene.

Pah. Von wegen intellektuell kultiviert: Backpacker auf der Khaosan-Road in Bangkok. Bild: reuters

Es ist 21 Uhr, die Nacht beginnt. Der Irish Pub stellt seine Anlage an, wummernde Bässe, fiepsige House-Gesänge. Leicht bekleidete junge Frauen postieren sich vor der Bar gegenüber, um die vorbeilaufenden Männergruppen von einem Bier für 1,50 zu überzeugen. Der Klamottenladen nebenan hängt die groß bedruckten Tanktops auf seine Kleiderstangen, die gleichen, die auch sein Nachbar verkauft.

Wo bin ich? Auf Mallorca, Ibiza? In einer Dubliner Barstraße? Nein. Ich stehe mitten auf der Khaosan Road in Bangkok, im Herzen des Backpacker-Viertels, und suche nach einem günstigen Hostel für die Nacht. Und obwohl ich mich mit meinem großen, dreckigen Rucksack, meinen beflipflopten Füßen, zerzausten Haaren und dem Bikini-Abdruck im Nacken optisch kein bisschen vom Prototyp dieser Szene unterscheide, fühle ich mich ihr in diesem Moment meiner Südostasienreise so fremd und fern wie noch nie zuvor.

Südostasien, atemberaubend schön, aufregend anders. Tausende junge Menschen schieben sich hier durch die Straßen, Bangkok ist eine Station ihrer Reise, so auch von meiner. Andere Kulturen kennenlernen, ein Abenteuer erleben, das wollen die Backpacker, das erzählen sie den Freunden zu Hause. Welterfahrung sammeln, raus aus dem westlichen Alltag, rein ins unbekannte Andere. Doch die Realität der Khaosan Road suggeriert etwas anderes. Der Aufenthalt der meisten hier gleicht einem All-inclusive-Aufenthalt auf Mallorca.

Es geht ums Saufen, Partymachen und Vögeln. Das alles geschieht jedoch unter dem Deckmantel der „anderen“, der „fremden“ Kultur. Die Käufer der frittierten Heuschrecken, die ein Mann auf einem Wagen durch die Straße schiebt, sind nicht etwa auf der Suche nach einer landestypischen kulinarischen Erfahrung. Sie wollen ein Facebook-Profilfoto. Grinsen, Heuschrecke zwischen die Zähne stecken und so tun, als würde man sie tatsächlich essen: Fertig ist das Bild, das die Freunde zu Hause staunen und „liken“ lässt.

Happy-End-Massagen

Ein paar Meter weiter werben Männer mit kleinen Schildern für „Thai Massage with Happy End“ oder eine „Pussy-Pingpong Show“. Wenig Fantasie ist erforderlich, um zu erkennen, was sich dahinter verbirgt. Sextourismus passt also auch zum Rucksacktourismus, denn die glasäugigen Interessierten sind keine alternden, dickbauchigen Herren auf „Erholungsurlaub“, sondern individualreisende junge Studierende aus Amerika, England, Schweden und Deutschland mit „Lonely Planet Southeast Asia“ im Gepäck.

Die Souvenir-Tanktops, die überall verkauft werden, manifestieren mit ihren Retromotiven das Selbstverständnis der Backpackerszene. „The Velvet Underground and Nico“, Yoko Ono und John Lennon mit „War is over“ suggerieren die Zugehörigkeit zu einer gebildeten, kulturinteressierten Schicht. Eine klare optische Abgrenzung von den Gruppenshirts mit hohlen Sprüchen, die es am Ballermann zu kaufen gibt – und doch verbringt der „War is over“-Tanktopträger auf der Khaosan Road letztendlich genau den gleichen Abend wie der Gruppen-T-Shirt-Träger auf Mallorca. Nur dass Letzterer nicht versucht, seinem hemmungslosen Ferienspaß mit vorzeigbaren Thailand-, Laos- und Kambodschavisa im Reisepass den Anstrich von „Welterfahrung“ zu geben.

Es ist eine geballte Ladung neokolonialistischen Touri-Verhaltens, die einem hier auf der Khaosan Road entgegenschlägt, nur dass jede/r einzelne BackpackerIn ungefragt für sich proklamieren würde, genau das abzulehnen. Die heimliche Überzeugung der meisten hier scheint jedoch zu sein: Ein bisschen fremde Kultur zu Unterhaltungszwecken, ja bitte, wenn dafür nicht auf die allabendliche Pizza verzichtet werden muss. Im Burger King herrscht Hochbetrieb. Wen das nicht genug abschreckt, der findet die traurigen Schattenseiten dieses unbeschwerten Spaßtourismus in Hinweisen wie diesem: Ein kleiner, handgeschriebener Zettel auf der Pinnwand des Hostels warnt: „Don’t buy drugs from Tuk-Tuk drivers. My friend just died.“

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34 Kommentare

 / 
  • DW
    Der Weltenbumler

    Der Artikel ist völlig lächerlich, die Autorin scheint sehr besorgt zu sein über das image der verschiedenen Jugendkulturen (:D sich vielleicht einfach nicht so viel um andere scheren und das Leben Genießen?) und wehe einer wird etwas zu gute geschrieben, was vielleicht nicht mehr so ganz zutrifft. Spaß ist ein sehr hohes gut, Alkohol macht spaß und Sex macht auch spaß, warum es dann nicht haben und machen? Was hat denn der Großteil der heute hoch gelobten 68`gemacht? Natürlich sehen Menschen in ihrer Hedonistischen Zeit weniger rühmlich aus, aber darum geht es ja nicht. Es fliegen nunmal die meisten Flugzeuge am Anfang nach BKK und um den Übergang zwischen gewohnter Kultur und völliger Fremde geschmeidiger zu gestallten ist es doch angebracht, ein wenig Zeit noch mit SPAß und gewohntem zu verbringen, bevor man sich ins große Abenteuer stürzt.

  • JR
    Jannik reisst um die welt

    @Carla Baum

     

    Es ist wirklich schade das es in ihrer Welt scheinbar nur 2 Farbtoene gibt schwarz und weiss. Entweder man verzichtet auf alle Gewohnheiten aus der westlichen Welt und uebernihmt die fremde Kultur von der ersten sekunde oder man ist ein Ballermanntourist der sich nicht um Hoeflichkeiten schert und 24Std. besoffen ist. Das es da zwischen auch eine Grauzone gibt scheint fuer viele hier einfach nicht moeglich zu sein. Nach 9 Monaten Australien bin ich hier in Bangkok angekommen (nachts) und das erste was ich gemacht hab war feiern gehen(komplett unglaublich fuer einen 20 Jaehrigen ich weiss.Ich hab es ganz ehrlich genossen ohne Reue ein paar Bier in einer Bar zu trinken(In australien bezahlt man durchschnittlich 7 Euro fuer ein Bier.Aber heisst das zwangslauefig das man nichts von der Kultur mitnehmen kann?Reicht das schon aus um zu mutmase das dieselbe Person am naechsten mit Schuhen im Tempel jeden Buddha betatscht der nicht hinter einer Glasvitrine steht? Nein, Backpacker sind nicht auf einer Bildungsreise und nicht auf einem Sauftripp, sie wollen mit anderen Menschen jeder Altersgruppe(oder zumindest von 20-35 Jahren) Spass haben, andere Kulturen entdecken und mit Glueck ein wenig ueber sich selbst und die Welt lernen.Und ob sie es glauben oder nicht die gelingt manchmal sogar am Besten wenn man mit einem koreaner und kandier ein kuehles chang trinkt.

  • T
    Turnvater

    Erst dachte ich ein wirklich sehr schlechter, arroganter Artikel und das Wort Praktikant ist mir dabei auch in den Sinn gekommen. Andererseits spricht man dann wohl der Autorin die jugendliche Leichtigkeit ab, welche sie ihren FB-Backpacker-Kollegen verweigert. Insofern möchte ich mich dem Kommentar von Besserwessi anschließen und es auf die Autorin erweitern. Ich hoffe nur, dass sie auch weiter in fremde Länder fährt...

  • B
    Blubb

    Mach doch bitte Mallorca nicht so runter, du Autor. Die Insel hat doch schon einiges mehr zu bieten außer Saufen im Bierkönig...

  • NT
    Nguyen Thy Anh

    Der Artikel trifft genau die Realität und beschreibt treffend dieses Pack!

    Und dieses Forum zeigt nur wieder zu deutlich, dass 90% der LeserInnen nicht verstehen, worum es in diesem Text geht. Wen interessiert es, ob die Autorin in besagter Straße ein Zimmer sucht, ein Haus kaufen oder vielleicht einen Massagesalon eröffnen möchte? Dies ist doch völlig irrelavant! Aber nein, der Großteil der ach so intellektuellen und äußerst gebildeten KommentatorInnen muss über eigene Befindlichkeiten und ihre/seine persönlichen Erfahrungen in Südostasien berichten und mitteilen, welche individuellen und alternativen Erlebnisse gemacht wurden.

  • A
    Andreas

    Wer sich nicht richtig informiert über eine Stadt und ein Zimmer auf dieser Strasse sucht, der hat sie auch verdient! Ganz ehrlich es gibt wunderschöne Ecken in Bangkok wo sich auch Backpacker rumtreiben die sich auf die Stadt und die Kultur einlassen wollen.

    Wenn man aber, wie der Autor nach dem "Malle"-Feeling sucht, dann landet man unweigerlich auf der Strasse und wundert sich warum man nicht schlafen kann.

    KURZ UM: Selbst schuld!

  • BN
    Backpacker Nr. 431034

    Bam Alter! Direkt in die arrogannte Backpackervisage. Dem Artikel ist nichts hinzuzufügen. sehr gut plus.

  • J
    juergen

    das kommt davon wenn man denkt man ist besser als die anderen... und wer heute noch ein zimmer auf der khao san road sucht zum schlafen lol...khao san road ist nun mal ballerman nicht besser aber auch nicht schlechter..same same but different... die meisten finden doch thailnad auch nur so toll weil alles so schön billig ist, ich leider auch..

  • B
    backi

    Mhmmm, wenn ältere westlich weiss-priviligierte Dame zwecks "Völkerverständigung" nach Kenia düsen, dann jubelt die TAZ...

  • AN
    arno nühm

    @562914 @marko @Ex-Interrailer und Globetrotter @1455412 @Khaolak

    wooord.

     

    hat die autorin in bkk ernsthaft erwartet nicht auf sexindustrie und fb touris zu treffen ? was genau hat das mit bp zu tun? loool.

     

    niedlicher artikel.

     

    neue praktikantin (mit 'auslandserfahrung'?)

    ^^

  • E
    enam

    Ein jeder trägt seine Welt mit sich herum.

     

    Wer hier gerne feiert und trotzdem "intellektuell" ist, wird sich als Backpacker in den entsprechenden Kreisen wahrscheinlich ähnlich verhalten.

     

    Erstaunlich, jugendliche Backpacker verhalten sich wie jugendliche Menschen.

    Nur mit Rucksack und mehr Eigenverantwortung.

  • F
    frizzle

    es wird immer schwerer, die lagerfeuerromantik am abgelegenen strand, mit selbstgemachter musik und echten travellern zu finden, aber wenn man mit dem motorrad ans ende der strasse fährt, da wo die kettensägen im nationalpark kreischen und die ranger die touristen abweisen, nicht aber die lkws voller urwaldriesen, dann kann man noch jede menge fremde kultur kennen lernen, und man st sicher der einzige backpacker weit und breit. aber nach einigen wochen mit nudelsuppe, insekten und wirklich exotischen sachen auf dem teller, will man einfach mal einen burger essen, notfalls auch bei burger king, oder sich einfach mal mit bier anstadt mit reisschnaps besaufen, und dabei eine nette unterhaltung führen, ohne wörterbuch oder zeichensprache. das ist meine erfahrung hier. hmm, endlich in hoi an angekommen, endlich wieder touris um einen rum, aber übermorgen werd ich wieder nichts wie weg wollen!

  • H
    Hase

    Ach naja, war 3 Tage auf der khaosanroad, danach bin ich ohne touri bus auf eigene faust nach siem reap, von dort per bike alleine nach anlong veng - damals 2002 noch absolut backpackerfrei.

     

    hatte alles seinen speziellen reiz und ich würde die khaosanroad nicht verteufeln - muss jeder selbst wissen, was ihm gefällt. übrigens kann man auch auf der khaosan road authentische menschen treffen wenn man nicht mit brett vor dem kopf rumläuft.

  • P
    Peter

    Bravo! Ein guter Artikel über die Backpacker-Szene (nicht nur) in der Kaosanroad. Wir sind gestern gerade von einer 6-wöchigen Reise aus Thailand zurückgekommen. Diese Szene, die überall ihr Müsli, Donut, Pancake und Smoothie zum Überleben braucht, könnte besser die Mitkommilitonen auf dem heimischen Campus, als andere Völker mit den "Segnungen" westlicher Oberflächlichkeit und Ignoranz nerven. Egal ob Alt und Bierbauch mit Thaimädchen im Arm oder Jung in Badehose / Bikini mit Coke in der Hand (im Bus / im Restaurant / auf der Straße), es ist beides genauso abschreckend und Ausdruck westlicher Ignoranz gegenüber einem Land, wo Zurückhaltung und Höflichkeit zu den wichtigsten Sekundärtugenden gehören. Wir haben während unserer Reise durch Thailand beide Sorten von Touristen erlebt und mussten uns recht häufig "fremdschämen". Auch die Backpacker sind ein Teil des Massentourismus und weder moralisch noch vom Benehmen her den Neckermännern überlegen. Ein guter Anfang um vielleicht demnächst einmal in dieser Szene genauer zu recherchieren.

  • B
    bimto

    Auf der einen Seite richtig, wenn auch sehr klischeebehaftet. Muss jeder selbst wissen wie er am liebsten reist. Gesoffen und Gevögelt wurde schon immer. Ein wirklicher Individualtourist kennt Mittel und Wege dem ganzen aus dem Weg zu gehen. Khaosan, Tubing in Laos oder was auch immer. Sollen die Massen ihre Schützenfeste dort gerne Feiern.....ohne mich!

  • F
    Farang

    Danke Marko - 100% Zustimmung

  • NM
    nochmal Martin

    @marko: DANKE!!!

     

    @Carla Baum: Im Endeffekt waren sie auch da und die Meinung die sie vertreten ist nicht neu, sondern kurisiert vor allem unter Backpackern die sich den anderen Backpackern kulturell überlegen fühlen und enttäuscht sind, dass so viele andere Leute die selbe Idee hatten nach SO-Asien in den Urlaub zu fahren. Somit sind sie genau der Szenetyp.

  • M
    Martin

    Liebe Carla Baum,

     

    wenn ich ihren Artikel so lese, dann sehe ich, dass Sie bestimmt ganz individuell und so ganz welterfahrungssuchend unterwegs sind (und alle anderen nicht). Sie sollten sich vielleicht vorher informieren wo man in BKK absteigt. Und was kommt als nächstes auf ihrer Reise? Vielleicht Pattaya?

    Das Bild ihres Artikels ist auch total irreführend da es an Songkran (traditionelles Neujahrsfest) aufgenommen wurde und da spritzen sich halt alle 3 Tage lang mit Wasser voll! Sorry der Artikel stellt sie als besseren Menschen als die anderen dar. Zudem ist er uninformativ und nichtssagend und spiegelt nur ein arrogantes Bildungsbürgertum wider. Schlecht!

  • P
    peter

    ich kann mich nur den ersten postern anschliessen. idioten gibt es überall, auch die, die wirklich nur für sinnlos partysaufen nach irgendwohin fliegen. darüber hinaus kann man aber auch am angesprochenen ort ganz gut für 1-2 tage seine reise starten oder ausklingen lassen. khaosanroad und unmittelbare umgebung sind zudem so überschaubar, dass ich mir nicht vorstellen kann, dort für 2 wochen den kopf wegzuschießen um danach wieder nach hause zu kommen.

  • N
    Namaste

    "Eine klare optische Abgrenzung von den Gruppenshirts mit hohlen Sprüchen, die es am Ballermann zu kaufen gibt"

    Das stimmt leider nicht, auch auf der Khaosanroad gibt es mittlerweile fast nurnoch Shirts mit solch hohlen, eindeutig zweideutigen Sprüchen!

     

    Aber Die Khaosanroad ist genausowenig Bangkok oder gar Thailand wie Ballermann 6 Mallorca ist. Als ich das letzte mal in Bangkok war, bin ich einmal gelangweilt durch diese Straße gegangen und das wars... Wers braucht, OK, ich fand es nur öde, Bangkok hat sooo viel mehr interessantes zu bieten!

     

    Generell ist an dem Artikel aber sicher einiges wahres dran...

  • TS
    Thomas Schäfer

    "Und obwohl ich mich mit meinem großen, dreckigen Rucksack, meinen beflipflopten Füßen, zerzausten Haaren und dem Bikini-Abdruck im Nacken optisch kein bisschen vom Prototyp dieser Szene unterscheide"

     

    "Es ist eine geballte Ladung neokolonialistischen Touri-Verhaltens, die einem hier auf der Khaosan Road entgegenschlägt, nur dass jede/r einzelne BackpackerIn ungefragt für sich proklamieren würde, genau das abzulehnen."

     

    Und Sie glauben nun Backpacker, das sind die anderen. Das ist eine Gruppe von verkommenen Leuten, die nur ihrem Konsum fröhnen wollen.

    Nun kann es sein, dass sie Christin sind, also voraufgeklärt, und tatsächlich gegen Konsum sind. Sie lehnen das von ihnen beschriebene Bild als modern ab.

     

    Ich lese viel mehr die viel gefährlicherere Variate: Sie glauben tatsächlich, dass sie anders und besser konsumieren. Dass sie durch ihr geschultes Bewusstsein die Ausprägungen kapitalistischer Ökonomie aus ihrem Leben und Verhalten verdrängen können.

     

    Daher beschreiben sie auch nicht die schlimmen Seiten des Backpackertums, sondern die aus religiöser, idealistischer Pietät abzulehnenden.

     

    Es ist doch nicht der Sextourismus das Problem, dieser ist nur die logische Folge, wenn Menschen ihre Arbeitskraft verkaufen, sondern die Arbeitsstandards der SexarbeiterInnen. Es ist nicht Burger King das Problem, sondern dass der Konzern Löhne und Arbeitsschutz, Schichten und ähnliches diktieren kann.

    Schlimm ist nicht das Backpackerviertel, sondern, dass die in ihm lebenden Menschen etwas besseres sind. Wenn sie das aufgrund ihrer Klasse sind, ist das Normalbetrieb, sind sie aufgrund ihrer zugeschriebenen Rasseneigenschaften etwas besseres, ist dass Rassismus und in diesem Kontext sicherlich Nachwirkung des deutschen Kolonialwesens.

     

    Nichts davon ist Ausdruck von schlechten Manieren oder von Menschen, die einer Ideologie des Konsums auf den Leim gehen. Der Kapitalismus ist uns zur zweiten Natur geworden und dahinter zurück, wie Sie es implizit vorschlagen, kann keine Lösung sein. Schon gar nicht können Einzelne, die alleine durchs Backpacker-Viertel wandern dem Verblendungszusammenhang entziehen.

     

    Oder anders: Die anderen Leute da im Viertel, die sind auch nur wie Sie.

     

    Mit Freundlichen Grüßen,

     

    Thomas Schäfer

  • EU
    Ex-Interrailer und Globetrotter

    Zugegebenermaßen kenne ich die aktuelle Backpacker-Szene nicht. Dafür bin ich zu alt. Aber in den 90ern war ich weltweit mit Rucksack unterwegs und traf viele Gleichgesinnte eben in sogenannten "Backpacker"-Treffs. Und das war genial - und daher finde ich es schade, dass jetzt Backpacker per se als Ballerman mit Rastazöpfen diffamiert werden.

     

    In vielen Backpacker-Reisen lag der Fokus der Leute eben raus aus dem Mainstream, aus dem Bekannten. Keine Nachrichten, Sachen entdecken, sich selbst erreisen und wirklich möglichst minimalistisch unterwegs zu sein und eine andere Kultur erleben. Warum sollte es das heute nicht mehr geben?

     

    Ich war beispielsweise sehr, sehr gerne kurz nach der Wende in Osteuropa unterwegs. Eine tolle Zeit. Eine Zeitreise, viele Menschen getroffen, die zwar die gleichen Träume hatten wie Westler, aber einen komplett anderen kulturellen Hintergrund - und eigene Ideale hatten. Budapest ohne Langnese und US-Amerikanische Touristen. In der Tschecheslowakei mit dem Zug unterwegs, der eben auch mal für Leute am Gleisrand hielt. Mit dem Rad nach Polen vorbei an Agrawirtschaft, die es bei uns gar nicht mehr gab. In Littauen an die unverbaute kurische Nehrung, nahe dem russischen Speergebiet gecampt. Und das alles mit Backpackern, die einfach Spass an Ländern, Kulturen und dem Reisen an sich haben. Dabei immer im Gepäck Sprachbuch und abgewetzte Paperbacks die weitergereicht wurden (Goldmund und Narziss, Siddhartha, Betrachtung oder einfach nur Kochbuch für den Rucksack).

     

    Das war Backpacking - und das gibt es bestimmt noch heute!

  • S
    Suryo

    Der Artikel hat ja so recht. Ich war letztes Jahr u.a. in Laos. In Vang Vieng stehen überall Schilder, man solle doch bitte nicht in Badekleidung durch das Dorf laufen. Es steht auch im Lonely Planet, im Rough Guide und sicher auch in jedem anderen Reiseführer. Das -überwiegend britische, israelische und australische (die sind die schlimmsten!) - Backpack, meist unter 25, hält sich natürlich nicht dran und benimmt sich wie Sau. Da ist es manchmal ganz befreiend, zuzusehen, wie die laotische Polizei durchgreift und die zwingt, mal eben am Geldautomaten ihr Konto für das Bestechungsgeld leerzuräumen. Ha!

  • AS
    Andy Smith

    du hast den starbucks vergessen...

    haettest mich angerufen haette ich dir ein anderes Bangkok gezeigt...

  • H
    Hubert

    Interessanter Artikel. Deshalb lese ich taz.

  • T
    timte

    Ich habe als Backpacker dieselbe Erfahrung gemacht.

    Einige wenige die wirklich an Land und Leuten interessiert sind und sehr viele die nur Party machen wollen.

    Sie schwärmen dann davon wieviele menschen aus anderen Ländern sie getroffen haben, allerdings alles Backpacker. Einheimische sind nicht dabei.

  • 1
    1455412

    Auf der Suche nach Kultur in Bangkoks Khaosan Road… etwas lächerlich.

    Das Death Valley zu besuchen ums mal so richtig schön regnen zu sehen ist eine ähnlich gute Idee. Bangkok hat dem kultivierten Individualreissenden durchaus etwas zu bieten, nur darf man dies nicht in der Khaosan Road erwarten…

  • B
    Besserwessi

    Beim ersten Besuch in Pattaya war ich auch angewidert von den Rentnern auf Sextour,

    jetzt weiss ich, dass ich damals etwas sehr elementares uebersehen habe; jeder Mensch

    strebt nach Glueck und moechte nicht leiden.

    Was jmd als persoenliches Glueck ansieht ist individuell

    unterschiedlich.

  • C
    Carlinhos

    Bravo, perfekt auf den Punkt gebracht. Ich als Austauschstudent in Brasilien kann das alles unglaublich gut bestätigen.

    Perfekt ins Bild passt dazu allerdings noch, wie repetitiv und leer die Gespräche zwischen Backpackern sein können. Es scheint bei einigen, dass sie die Abenteuer, die sie immer neu erzählen, ständig erweitern und einüben, am Ende wirklich glauben.

  • AS
    Anneliese Schmidt

    Auch Siddartha muste die abgründe der Menschlichen existenz durchleben ,ein Teil von ihr werden,befor er sowas von weise wurde ,fast wie der Papst höchst persönlich .

    Also Drogenhandel ,Prostitution ,Koruption etc.förden

    und sich selbst und andere ausbeuten ?

    Ist Hesse ein asi ?

  • B
    brown

    Großartiger Artikel... Danke!

    Des Weiteren passt vieles auch wunderbar auf die meisten jungen Menschen in den Heerscharen von Volunteers in Asien, Afrika und Latein Amerika.

  • 5
    562914

    Früher haben mich diese Menschen sehr genervt, so wie ich mich auch über die Starbucks-Mensa-Besucher geärgert habe, die dachten sie wären in einem Kaffeehaus.

    Heute freue ich mich. Es ist toll, dass diese Menschen einen Platz haben, wo sie zusammenfinden.

    Es ist sehr leicht, ihnen aus dem Weg zu gehen.

  • K
    Khaolak

    Die Unterstellungen "die Öffentlichkeit", "die backpacker", "was jeder für sich ablehnen würde", sind nervig. DIE sind nämlich nie gefragt worden. Was, wenn DIE backpacker auf der Strasse in Bangkok eben nicht Welterfahrungen sammeln wollen, sondern Spass und sonstwas haben wollen? Dafür aber an anderen Tagen durchaus die Kulturerfahrungen machen? Richtig ist natürlich, dass backpacker nicht die einzig korrekten Touris sind. Das sind und waren sie nie. Es kommt immer auf das Individuum an.

  • M
    marko

    ...richtig,die khaosanroad muss weit umschifft werden...aber bangkok bietet noch so viel mehr,und auch der ein oder andere backpacker im burger king,braucht vllt nach n paar monaten rundreise,und vielen reis- und nudelgerichten ma wieder nen westlichen burger,alles halb so schlimm, und DIE backpackerszene gibs sowieso nich,langweiliger,weil vorhersehbarer klischee-artikel