Brexit-Treffen in Brüssel: Juncker und May nerven sich an
„Robust, aber konstruktiv“ heißt die Wendung nach dem Treffen der britischen Premierministerin und dem EU-Kommissionschef. Es flogen die Fetzen.
Eine Überraschung ist das nicht. Schließlich herrscht zwischen Brüssel und London schon seit Tagen politische Eiszeit. Mit ihrer Forderung, den im November gemeinsam abgeschlossenen Austrittsvertrag wieder aufzuschnüren, sorgte May in Brüssel für Empörung. Als EU-Ratspräsident Donald Tusk am Mittwoch auch noch die „planlosen“ Brexiteers zur Hölle wünschte, standen die Zeichen auf Sturm.
„Ich denke manchmal darüber nach, wie der besondere Platz in der Hölle für jene aussieht, die den Brexit vorangetrieben haben, ohne auch nur die Skizze eines Plans zu haben, ihn sicher über die Bühne zu bringen“, hatte der polnische EU-Politiker gesagt und getweetet. Juncker versuchte zwar noch, Tusks Affront zu relativieren. Sein Job in der EU-Kommission sei auch „die Hölle“, scherzte er.
Doch kurz danach kam die nächste Breitseite aus Brüssel, diesmal aus dem Europaparlament. Der Brexit-Beauftragte der EU-Abgeordneten, Guy Verhofstadt, attackierte die Brexiteers frontal: „Nun, ich bezweifle, dass Luzifer sie willkommen heißen würde. Denn nach dem, was sie Großbritannien angetan haben, würden sie es wohl sogar schaffen, die Hölle zu spalten.“
Keine Kompromissbereitschaft
So frostig und undiplomatisch wurde wohl noch nie ein Regierungschef in Brüssel empfangen. Immerhin wusste May, dass sie nicht auf Kompromissbereitschaft hoffen durfte. „Wir werden das Austrittsabkommen nicht wieder aufmachen“, betonte Juncker. Der umstrittene Brexit-Deal sei bereits ein sorgfältig ausbalancierter Kompromiss.
Demgegenüber betonte May, dass dieser Deal im britischen Unterhaus keine Mehrheit finde. Sie erklärte, warum sie nun eine Änderung des Backstops fordert, der Garantie für offene Grenzen zwischen Nordirland und Irland. Erstmals legte sie „verschiedene Optionen“ vor, wie es in der Erklärung heißt. Allerdings blieb offen, wie diese aussehen und ob sie eine Mehrheit im Unterhaus finden würden.
Genau das ist jedoch eine Grundvoraussetzung für die EU, um sich auf Verhandlungen einzulassen. Dies hatte der deutsche Generalsekretär der EU-Kommission, Martin Selmayr, bei einem Treffen mit britischen Abgeordneten klargestellt. Doch selbst dann sollen nur Änderungen an der rechtlich unverbindlichen Politischen Erklärung möglich sein, die den Austrittsvertrag ergänzt. Darauf legte Juncker nach seinem „robusten“ Treffen mit May großen Wert. Immerhin waren sich die beiden in einem Punkt einig: Sie wollen sich noch im Februar wiedersehen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Haftbefehl gegen Netanjahu
Sollte die deutsche Polizei Netanjahu verhaften?
Buchpremiere von Angela Merkel
Nur nicht rumjammern
Deutscher Arbeitsmarkt
Zuwanderung ist unausweichlich
Deutschland braucht Zuwanderung
Bitte kommt alle!
#womeninmalefields Social-Media-Trend
„Ne sorry babe mit Pille spür ich nix“
Sourani über das Recht der Palästinenser
„Die deutsche Position ist so hässlich und schockierend“