piwik no script img

Brennende Autos in BerlinPolizeipräsidentin geht in Opposition zu Wahlkämpfern

Berlins oberste Polizistin warnt vor Instrumentalisierung im Wahlkampf. Doch die CDU hat bereits andere Pläne: Sie will eine Plakatserie zu den Brandstiftungen starten.

Hunderte Autobrände gab es dieses Jahr bereits in Berlin. Bild: dpa

Nach der jüngsten Serie von Autobrandstiftungen hat Polizeipräsidentin Margarete Koppers an Politik und Parteien appelliert, die Taten nicht im Wahlkampf auszunutzen. Die Polizeibeamten seien jede Nacht professionell und hochmotiviert im Einsatz. "Das letzte, was sie brauchen können, ist, von der Politik zum Spielball gemacht zu werden", sagte Koppers am Donnerstag zur taz. CDU-Spitzenkandidat Frank Henkel hatte zuvor angekündigt, in der kommenden Woche eine Plakatserie zu den Brandstiftungen zu starten.

Den Plan, das Thema für den Wahlkampf auszuschlachten, hat die CDU ganz offensichtlich mit heißer Nadel gestrickt, als die neue Welle von Brandstiftungen vor einigen Tagen losging. Auch in der Nacht zu Donnerstag hatte es wieder gebrannt. Bislang geht die Polizei in diesem Jahr von 141 politisch motivierten Autobränden aus. In drei Nächten hintereinander war Charlottenburg der Schwerpunkt. Dahin, genauer gesagt in den Stadtteil Westend, war der CDU-Landesgeschäftsführer Dirk Reitze dann auch höchstpersönlich geeilt, um einen ausgebrannten Smart zu fotografieren. Das Bild soll nun 100 Großplakate schmücken. Daneben findet sich der Solgan: "Muss Berlin das verstehen? Damit sich was ändert. CDU".

Auf die Frage, was die CDU denn ändern würde, führte Reitze die im Laufe der vergangenen Jahre eingesparten 4.000 Polizeistellen an. "Da muss man sich nicht wundern, wenn es eng wird", sagte Reitze. CDU-Innenexperte Robbin Juhnke verteidigte die Plakatreihe mit den Worten: "Man muss schon den Finger in die Wunde legen und Aktionen einfordern." Die Kritik gelte nicht der Polizei, sondern dem rot-roten Senat.

Die amtierende Polizeipräsidentin hält es dagegen für wenig hilfreich, ausgebrannte Autos zu plakatieren: "Die Ängste der Bürger werden für den Wahlkampf instrumentalisiert." Zudem würden mit den Bildern die Eitelkeiten der Täter bedient und möglicherweise weitere Nachahmer animiert. "Der Polizei wäre mehr gedient, wenn die Debatte versachlicht würde", sagte Koppers.

Gemeint sind damit auch Äußerungen des innenpolitischen Sprechers der SPD-Bundestagsfraktion, Dieter Wiefelspütz, der die Serie von Brandanschlägen als "Vorstufe zum Terrorismus" bezeichnet hatte. Forderungen der Gewerkschaft der Polizei, Einsatzkräfte aus anderen Bundesländern als Brandschutzstreifen nach Berlin zu holen, erteilte Koppers eine klare Absage: "Das ist plakativ und überzogen."

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

8 Kommentare

 / 
  • D
    Daniel

    Frau Knoppers scheint mir eine sehr kompetente Frau zu sein :)

    Ich hoffe ja echt, dass sie bleiben darf. Endlich mal eine, die den wilden Nazi-Phantasien (pardon, ich meine Fascho.. äh naja) was entgegensetzt.

    Soziale Probleme müssen politisch gelöst werden.

  • DA
    Der Analogist

    "Bislang geht die Polizei in diesem Jahr von 141 politisch motivierten Autobränden aus."

     

    Die Polizei als verlängerter Arm der CDU und SPD macht es sich zu einfach. Als ob in Deutschland irgend jemand die Revolution ausrufen wollte. Quatsch!! Was hier passiert ist nicht vielmehr deutsches nachmachendes Sympathisieren

    sozialer Protestreaktionen, die anderswo in Paris, London und Athen stattgefunden haben.

     

    Man gewöhnt sich langsam an den Reflex der schwarz-braunen CDU/CSU-Partisanen, jede Gelegenheit zu nutzen um soziale Missstände wegzureden und am besten ein Parteiverbot der Gegnerpartei zu fordern, damit man selber alleine weiterregieren kann. Das erinnert schwer an die Strategie von autokratischen Ländern.

     

    Berliner CDU-Politiker sollten lieber mal schauen, daß sie ihre Finanzen in den Griff bekommen als die Autokratie anzustreben. 600 Millionen für ein unnötiges Stadtschloss auszugeben, ist Öl auf das Feuer der sozialen Mißstände in der Stadt der Preußen.

     

    Ausbaden muss das die gesamte Einwohnerschaft. Hättet Ihr mal nicht das Schloß bewilligt…

  • SZ
    Sascha Z.

    es ist immer gut im hinterkopf zu haben, wer dafür verantwortlich ist, dass der rot-rote senat so tiefe einsparungen durchführen musste.

  • J
    Jürgen

    @Nils

     

    Schau Dir genau die Gegenden an, in der in den letzten drei Nächten Autos gebrannt haben (evtl. stehen da auch noch die Wracks), schau parallel mal dazu in die Auswertungen des Landeswahlleiters zu den letzten Berliner Abgeordnetenwahlen und der letzten Bundestagswahl (http://www.wahlen-berlin.de/home.asp - Du kannst Dir dort sogar für die einzelnen Wahllokale anzeigen lassen, wie dort abgestimmt wurde. Du gibst nur eine Adresse ein, dann findest Du das jeweilige Ergebnis). Du wirst feststellen, dass dort mitnichten nur CDU-Wähler leben.

     

    Ts, zu faul zum recherchieren (wie viele Tageszeitungen).

  • E
    EnzoAduro

    Das beste wäre nicht mehr drüber zu berichten. So macht es Hamburg. Die Abfackeler wollen doch unter anderem in die Zeitung. Aber die Berliner, die Berliner Medien und vor allem die Berliner Politik, haben nicht die Coolness so ein Gentleman's Agreement zu initiieren.

  • JR
    Josef Riga

    @Nils

     

    Glaube ich nicht, auch Autos (und Roller und verbrannte Fahrräder) von Geringverdienern wurden abgebrannt.

     

    Ich hoffe auf jeden Fall das rot-dunkelrot abgewählt wird und der Schutz von Eigentum wieder stärker in den Fokus kommt.

     

    Wenn nicht bleibt nur die Bildung von Bürgerwehren. Wir lassen uns unsere Stadt nicht kaputt machen. FIGHT BACK!

  • N
    Nils

    Ob es der CDU was bringen wird, muss sich erst zeigen, denn die Wähler, deren Autos da mehrheitlich abgefackelt werden, wählen sowieso eher CDU oder FDP, weil sie ihre wirtschaftlichen und sozialen Interessen durch diese Parteien gut vertreten sehen. Bei der Polizei sparen werden aber auch diese Parteien, das ist so sicher wie unvernünftig.

  • B
    Binar

    Hm, man weiß immernoch nicht, wer hinter den Brandstiftungen steckt. Offensichtlich scheint es eine Partei zu geben, die glaubt, davon profitieren zu können. Gibt es vielleicht Sympathisanten der CDU, die zu solchen Mitteln greifen würden?