: Bremsen Potsdamer HMI-Genehmigung?
■ Noch ein Konflikt um den Forschungsreaktor: Schreyer will neues Genehmigungs- verfahren für die Potsdamer, Riedmüller nur ein nachträgliches Klagerecht
Während gestern der Streit um die Bedenken der Gesellschaft für Reaktorsicherheit (GRS) gegen eine Genehmigung für den Forschungsreaktor BER II des Hahn-Meitner-Instituts (HMI) weiterging, schiebt sich nun ein möglicherweise gravierenderer Konfliktpunkt um das HMI in den Vordergrund. Am Dienstag will der Senat eine Frage entscheiden, die nach Angaben der Umweltverwaltung zwischen SPD -Wissenschaftssenatorin Riedmüller und AL-Umweltsenatorin Schreyer ebenfalls umstritten ist: Wieviel Mitsprache soll den Anwohnern jenseits der Westberliner Stadtgrenze eingeräumt werden?
Vor genau einem Monat, am 19. März, hatte ein Potsdamer Bürger den kleinen Sprengsatz gezündet: Über einen Westberliner Anwalt beantragte der DDR-Bürger, am Reaktor -Genehmigungsverfahren beteiligt zu werden. Während sich nämlich die Westberliner Anwohner bereits über die Pläne im einzelnen informieren und Einwände einreichen konnten, sei dieses vom Atomgesetz vorgeschriebe Verfahren für die benachbarten Potsdamer bisher „unterblieben“, heißt es in der Umweltverwaltung. Immerhin wohnen die DDR-Bürger zum Teil nur 2.000 Meter entfernt von dem Institutsgelände in Wannsee. Gestützt von einem Rechtsgutachten des renommierten Anwaltes Geulen denkt Schreyer deshalb daran, dieses Versäumnis nun nachzuholen.
Aus der Sicht der SPD hat dieses Verfahren jedoch einen Pferdefuß: es dauert mindestens drei Monate. Die Hoffnung von HMI-Leitung und SPD, daß Schreyer die Betriebsgenehmigung bereits im Mai erteilen könnte, wäre damit hinfällig. Nach Meinung von Wissenschaftssenatorin Riedmüller würde es deshalb ausreichen, den DDR-Bürgern ein Klagerecht einzuräumen, nachdem die Betriebsgenehmigung erteilt ist. Ein komplettes Beteiligungsverfahren sei nicht „nötig“, bestätigte gestern Dieter Jiermann, der Persönliche Referent der Wissenschaftssenatorin.
Jiermann kann außerdem auf einen Präzedenzfall verweisen. Bürger der DDR-Stadt Salzwedel hatten nämlich kürzlich eine Mitsprache bei der in Gorleben geplanten Pilotkonditionierungsanlage gefordert. Am 23. März wies das Oberverwaltungsgericht Lüneburg diesen Anspruch zurück. Juristische Berater der Umweltsenatorin betrachten diesen Gerichtsbeschluß allerdings nicht als Präzedenzfall. Auch das Lüneburger Gericht habe keinen Zweifel daran gelassen, daß es durchaus im „Ermessen“ der Behörden stünde, den DDR -Anwohnern größere Rechte einzuräumen.
Die Bedenken der Gesellschaft für Reaktorsicherheit schätzt man demgegenüber selbst in der Umweltverwaltung für weniger bedeutend ein. Es gehe dabei lediglich um die Sicherung der Anlage gegen Attacken von außen, etwa gegen das Eindringen von Terroristen. Diese Auflagen, bei denen es nach HMI -Angaben beispielsweise um die Verstärkung von Wachmannschaften geht, seien „leicht zu erfüllen“, räumt man in der Umweltverwaltung ein. CDU, Industrie- und Handelskammer sowie das HMI selbst forderten gestern deshalb eine rasche Inbetriebnahme des Kernspalters. Nach Einschätzung der AL dagegen ist die Genehmigung nun in „weite Entfernung“ gerückt. Die Alternativen riefen überdies zu einer Demonstration gegen den Atomreaktor am 22. April und zu einer Sitzblockade am 26. April auf.
hmt
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