Bremer SPD-Abgeordneter im Bundestag: "Eine Aufstockung gefährdet den Rückzug"
Der neue SPD-Bundestagsabgeordnete Carsten Sieling lehnte die Aufstockung des Bundeswehr-Kontingents ab und macht als Finanzpolitiker von sich reden
Am vergangenen Freitag hat der Bundestag über die Aufstockung des Afghanistan-Kontingentes (ISAF) abgestimmt. Unter den Für-Stimmen finden sich die der Bremer Abgeordneten Bernd Neumann (CDU), Torsten Staffelt (FDP) und Marieluise Beck (Grüne) - unter den Nein-Stimmen neben Agnes Alpers (Linke) auch Carsten Sieling. Der neue Bremer SPD-Angeordnete, der mit seinem Sitz im Finanzausschuss sehr schnell in die Fußstapfen seines Vorgängers Volker Kröning getreten ist, hat damit an einer symbolisch bedeutsamen Stelle auf sich aufmerksam gemacht.
"Afghanistan lässt sich nicht mit militärischen Mitteln befrieden", sagt Sieling zur Begründung seiner Nein-Stimme. Er setzt - wie auch die, die mit "Ja" gestimmt haben - auf "zivile Konfliktbearbeitung und Krisenprävention", auf "Wiederaufbau und die Unterstützung der afghanischen Regierung bei Übernahme der Sicherheitsverantwortung im Land".
So findet er es richtig, dass die Mittel für den Wiederaufbau verdoppelt worden sind. "Aber die Aufstockung um 500 Soldatinnen und Soldaten sowie einer flexiblen Reserve von 350 Personen steht zu dieser Perspektive im Widerspruch. Die Bundesregierung kann diese Aufstockung nicht schlüssig begründen. Ich halte diesen Kern des Mandats für eine Gefährdung des Rückzugs aus Afghanistan."
Sieling will sich mit seinem Abstimmungsverhalten allerdings nicht in frontalen Gegensatz zu einer Fraktion bringen. Dort sei die Frage "offen und kontrovers" diskutiert worden, sagt er lobend, es gebe kein klares "Für" oder "Gegen" den Einsatz der Bundeswehr in Afghanistan. "Trotz der von der SPD erreichten Verbesserungen im Antrag der Bundesregierung zur Verlängerung des ISAF-Mandats haben für mich die Kritikpunkte überwogen. Deshalb habe ich mit ,Nein' gestimmt."
Sieling hat nach seiner Wahl in den Bundestag schnell deutlich gemacht, dass mit ihm zu rechnen ist. Er wurde stellvertretender Sprecher der "Parlamentarischen Linken", der die Hälfte der Bundestagsfraktion der SPD angehört. Und er bewarb sich erfolgreich um einen Sitz im wichtigen Finanzausschuss, wurde zudem Mitglied in dem höchst konspirativen "Soffin"-Ausschuss, der die Milliarden zur Rettung der Banken verwaltet. Er musste in Berlin nicht nur sein Englisch auffrischen, sondern auch die volkswirtschaftlichen Kenntnisse aus dem Studium.
"Das starre Festhalten der vergangenen Jahrzehnte an einer 2-Prozentigen Inflationsrate darf kein Selbstzweck sein", zitiert ihn jüngst das Handelsblatt gegen die Banken-Lobby. "Eine zeitlich begrenzte, moderat erhöhte Inflation erleichtert die Bekämpfung der Arbeitslosigkeit, das wusste schon Helmut Schmidt."
Und auch mit seiner Position zu Hartz-IV machte er Schlagzeilen. "Meiner Partei empfehle ich klar zu sehen, welche Geister mit den Hartz-Gesetzen geweckt wurden", erklärte er. Lohnabstandsgebot? "Klar", sagt Sieling, "darum werbe ich für Lohnzuwächse in den unteren Einkommensgruppen durch einen existenzsichernden Mindestlohn." Dieser werde kaum unter neun Euro liegen können.
Wäre die Position des Landesvorsitzenden für ihn verlockend? Sieling ist schlau genug, sich da zurückzuhalten. "Ich habe genug zu tun", sagt er. Aber: "Die Diskussion, ob es mit Beckmeyer weitergehen soll, läuft."
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