Bremer Museumspolitik: Kunsthalle rückt näher
Der Chef des Unternehmens, das gern das Gebäude des Bremer Weserburg-Museums hätte, soll Vorsitzer der Kunsthalle werden
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BREMEN taz | Georg Abegg bekommt heute eine kleine Abschiedsehrung: Ende des Monats zieht sich der 80-Jährige vom Vorsitz des Kunsthallen-Vereins zurück, den er seit 1994 innehatte. Dem Vernehmen nach soll Bernd Schmielau den Posten übernehmen, der Boss der Siedentopf GmbH.
Das ist das Bauunternehmen, das seit Jahren sein Interesse an der alten Kaffeerösterei auf dem Teerhof bekundet, in dem das Museum Weserburg residiert. Um jeden Anschein der Trickserei zu vermeiden, ist es also klug, dass Abegg es nicht seinem Nachfolger überlassen hat, gemeinsam mit Klaus Sondergeld, dem Weserburg-Stiftungsratsvorsitzenden, den Brief zu unterzeichnen, über den am Mittwoch die Kulturdeputation berät. Denn der votiert vergleichsweise deutlich dafür, die Insellage aufzugeben. Durch eine Kooperation von Kunsthalle und Weserburg lassen sich laufende Kosten senken, heißt es sinngemäß in der Absichtserklärung – im Falle eines Neubaus in den Wallanlagen.
„Diese Annahme haben die kaufmännischen Direktoren beider Museen geprüft und bestätigt“, sagt Sondergeld auf Nachfrage. „Das ist aus unserer Sicht die Voraussetzung gewesen, unter der überhaupt es Sinn macht, die Kosten und Bedingungen für einen Neubaus dort errechnen zu lassen.“ Denn: „Zum Sterben muss die Weserburg nicht umziehen.“ Als sekundär stufe man hingegen ein, „wer in so einem Fall Erst-, Zweit- und Oberdirektor wird und wer einen Marmorsockel bekommen muss.“
Dass der geschäftsführende Weserburg-Direktor Peter Friese 2017, in dem Jahr, in dem der imaginierte Neubau bezugsfertig sein sollte, ohnehin die Altersgrenze erreicht, legt freilich eine ganz pragmatische Lösung nahe: Kunsthallendirektor Christoph Grunenberg hatte schon vor Monaten via Radio Bremen recht nassforsch erklärt, gar kein Problem damit zu haben, ein weiteres Museum mitzuleiten. Dieser Auftritt scheint ihm mittlerweile etwas peinlich zu sein. „Da ist ein ganz falscher Eindruck entstanden“, sagt er der taz. „Es ist nicht so, dass die Kunsthalle sich partout alles einverleiben will in Bremen.“ Die Diskussion sei von der Kulturbehörde an den Kunstverein herangetragen worden, „das ging nicht von uns aus“. Wichtig sei, die Institution zu retten, „Bremen braucht eine Vielfalt“: Deshalb dürfe die Weserburg nicht in der Kunsthalle aufgehen, die Eigenständigkeit sei wichtig, „der Name, das Profil, der Zweck und die Mission – das muss erhalten werden“. Dafür, dass so etwas möglich sei, gebe es „eine Reihe von Institutionen, die zwei oder mehrere Einrichtungen zu einer starken Gesamtmarke zusammenfassen“.
In Bremen mag man da vielleicht an die Kunstsammlungen Böttcherstraße denken. Grunenberg nennt Städel und Schirn in Frankfurt, „oder wenn sie ganz groß wollen, das Museum of Modern Art und das PS1 in New York“. Für Fusionen sind das gute Beispiele, für einen Standortwechsel freilich nicht: Der Weg von Schirn-Kunsthalle zum Städelschen Institut rüber auf die Sachsenhauser Mainseite ist fast exakt genauso lang wie vom Teerhof in die Wallanlagen. Und das Zentrum für Gegenwartskunst auf Long Island ist selbstverständlich nicht zur Jahrtausendwende nach Manhattan gezogen, von wo aus es nun verwaltet wird. Aber „das Problem hier ist ja ein Finanzielles“, sagt Grunenberg. „Es ist eine logistische Frage: Nur mit dieser größeren Nähe können Sie die Effizienz so steigern wie nötig.“
Offiziell ist die Wallanlagen-Lösung nur eine von drei Optionen. Aber sie wird favorisiert, auch wenn noch keine Kalkulation für einen Neubau dort vorliegt. Die Sanierung des Teerhof-Gebäudes würde „mindestens 3,1 Millionen Euro kosten“, so Sondergeld – und Bremen hätte die zu tragen. Der Umbau wäre dann mit den Erlösen der Bilder-Verkäufe zu finanzieren, wobei über eine Lösung mit und eine ohne Studienzentrum für Künstlerpublikationen nachgedacht wird: Die griffe, wenn sich das, mit dem Bund als Geldgeber, verselbstständigt. „Diese Optionen funktionieren aber nur, wenn Bremen zusagt, ab 2019 mehr Geld zu geben.“ Auf 250.000 Euro beziffert Sondergeld den zusätzlichen Bedarf.
Ein Neubau in den Wallanlagen ist freilich auch nicht ganz ohne: Als Deutschlands ältester öffentlicher Park sind sie „ein denkmalpflegerisch herausragender Ort“, bestätigt Landeskonservator Georg Skalecki auf Nachfrage. Zu den Überlegungen, dort zu bauen, will er sich nicht näher äußern, „das ist noch viel zu unausgegoren“. Klar sei aber, dass „ein solcher Standort zahlreicher Prüfungen bedarf“. Einen Neubau ohne Architekturwettbewerb könne es dort nicht geben, und er müsste schon „besonders qualitätvoll“ sein.
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