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Bremer Geschichte: Karolina Meyer-Schilf über Kurt Hübner in der BürgerschaftEr hielt nichts vom Bremer Stil

Kurt Hübner hat das Bremer Theater in die Moderne geführt – und wirkte stilprägend bis weit über die Grenzen Bremens und Deutschlands hinaus. Mit ihm verknüpft sind Namen wie Bruno Ganz, Hannelore Hoger und Vadim Glowna, die Regisseure Peter Zadek und Rainer Werner Fassbinder sowie der Bühnenbildner Wilfried Minks. Vom sogenannten „Bremer Stil“, den er angeblich geprägt haben soll, hielt Hübner jedoch nichts: „Das Bemerkenswerteste am Bremer Stil war, dass es ihn überhaupt nicht gab“, sagte er dazu. Am 30. Oktober wäre der große deutsche Theatermacher 100 Jahre alt geworden. Eine Ausstellung in der Bürgerschaft erinnert nun an den Generalintendanten des Bremer Theaters, der zwischen 1962 und 1973 dem Vierspartenhaus zu ungeahntem Glanz verholfen hat.

Die Ausstellung „Was für ein Theater?!“ zeigt die Ära Hübner in Bremen fast ohne eigene Kommentierung: So erinnern etwa die zahlreichen Szenenfotos an die berühmten Peter-Zadek-Inszenierungen „Frühlings Erwachen“ und „Die Räuber“, sind jedoch nur spärlich beschriftet. Nicht einmal die Namen der abgebildeten Schauspieler erfährt man dort. Ausführlich sind die Ausein­andersetzungen mit Hübners Gegenspieler, dem Kultursenator Moritz Thape, dokumentiert. Der SPD-Mann wollte Hübner bereits Ende der 1960er-Jahre loswerden, es gab Differenzen um zurückgehende Zuschauerzahlen und zu hohe Ausgaben.

1973 war es endgültig so weit, da halfen auch keine Solidaritätsbezeugungen des Publikums mehr wie noch einige Jahre zuvor: Hübner musste gehen. Und Thape galt fortan als „Hübner-Killer“. Der ebenfalls in der Ausstellung gezeigte, legendäre Hampelmann, auf dessen Bauch der Schriftzug „Thape ist doof“ erscheint, wenn man an der Schnur zieht, illustriert das zerrüttete Verhältnis zwischen Hübner und dem Kultursenator. Hübner, der den Hampelmann geschenkt bekam, soll ihn auf seinem Klo aufgehängt haben. In der Ausstellung zu seinem 100. Geburtstag kommt schließlich auch noch Hübner selbst zu Wort: Auf Bildschirmen werden von Radio Bremen zur Verfügung gestellte Interviews und Talkshow-Mitschnitte mit Kurt Hübner gezeigt.

Wer diese Zeit in Bremen als TheaterbesucherIn erlebt hat, wird sich durch die Ausstellung an legendäre Bremer Theaterzeiten und kulturpolitische Auseinandersetzungen erinnert fühlen. Die weitgehend fehlende Kommentierung der Objekte und Fotos macht es für alle anderen jedoch schwierig, sich auf diesem Weg ein Bild von Kurt Hübner und seinem Wirken zu machen.

Bis 15. 11. in der Bürgerschaft

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