Bremen wird Mehrweg-Stadt: Bye-bye, Bierbecher
In Bremen sollen künftig keine Einwegprodukte auf Straßenfesten mehr verkauft werden. Ab 2024 gibt's die Currywurst dann vom Porzellanteller.
Das entspricht ganz dem Geist der Zeit: Seit dem vergangenen Sommer verbietet die EU den Verkauf von bestimmten Einwegprodukten. Und: Sie verpflichtet die Mitgliedstaaten, etwas gegen die Verpackungsflut bei Lebensmitteln zu unternehmen. „Es ist also zu erwarten, dass in den nächsten Jahren auf Bundesebene weitere Einschränkungen für Einwegprodukte folgen werden“, heißt es im Bremer Bürgerschaftsantrag.
Auch ohne diesen Druck gibt es viele Gründe, die gegen Einweg sprechen: Die Produktion verschlingt Ressourcen, der Müll ist unansehnlich, selbst vermeintliche Pappschalen sind meist aufwendig oder gar nicht zu recyclen, und nicht zuletzt kostet es Geld, all die Teller und Becher zu entfernen. 720 Millionen Euro zahlen deutsche Städte und Gemeinden jährlich für die Entsorgung von Essensverpackungen.
Umsonst freilich ist auch ein Mehrwegsystem nicht zu haben: Das Geschirr muss abgewaschen werden, es braucht eine Infrastruktur. Trotzdem gibt es in Bremen bisher nur wenig Gegenwind gegen das Mehrweggebot. Ein wenig Gegrummel kommt von den Schaustellerverbänden; doch Handelskammer und Bremer Gastro Gemeinschaft sind an Bord.
Berlin war schneller
Selbst die CDU hat gemeinsam mit der rot-grün-roten Koalition für das Gebot gestimmt. Schließlich ging die Initiative in Bremen von Veranstalter*innen aus: Ein Bündnis aus 22 lokalen Akteuren hatte im März 2021 darauf gedrängt. Ohne gesetzliche Regelung sei es zu schwer, ein reines Mehrwegsystem umzusetzen, argumentierte etwa ein Organisator des Kulturfestivals Breminale: Wer es als Veranstalter auf eigene Faust versuche, habe einen echten Wettbewerbsnachteil.
Nein, die Ersten sind sie mit ihrem Mehrweggebot nicht, die Bremer: Berlin hat ein ähnliches Gesetz schon 2021 verabschiedet. Für die Umsetzung lässt man sich in der Hauptstadt aber länger Zeit: bis 2025.
Der eigentliche Pionier aber ist München: Lange bevor Plastikstrohhalme ihre Unschuld verloren, seit 1991 schon, dürfen Speisen und Getränke bei Veranstaltungen in München nur in Pfandbehältnissen ausgegeben werden – und, oh Wunder, das Oktoberfest gehört zu den saubersten Großveranstaltungen überhaupt. Ein paar andere bayrische Städte, Nürnberg, Erlangen, das kleine Bamberg, haben ähnliche Regeln eingeführt.
Eigentlich also hinkt Bremen den Bayern um 30 Jahre hinterher. Etwas Neues könnte der Norden trotzdem beitragen: Die Stadt prüft ein eigenes kommunales Mehrwegsystem. Damit nicht jeder Kleinstveranstalter sich um Geschirr kümmern muss, könnte Bremen selbst zum Verleiher werden – und Bremen-Becher, Bremen-Teller, Bremen-Weingläser vertreiben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Weil sie weiblich sind
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen