: Bremen soll Indianer unterstützen
■ Gesellschaft für bedrohte Völker: Bremen soll Partner der bedrohten Indianer-Nation der Shoshone werden
Anfang November wird voraussichtlich der Häuptling der Shoshone-Indianer, Chief Raymond Yowell, mit seiner Frau in der Hansestadt Bremen kommen. Der Kampf der Shoshone gegen die Vertreibung aus ihren eigenen angestammten Gebieten in Nevada/USA ist in diesen Tagen durch das schwedische Uexküll-Stiftung unterstützt worden, die zwei Shoshone-Frauen den „alternativen Nobelpreis“ verliehen hat. Die Shoshone suchen in Europa Städte, die mit ihnen Partnerschaften abschließen. Die „Gesellschaft für bedrohnte Völker“ ist mit diesem Ziel auch an bremische Behörden herangetreten.
Anlaß war die Initiative des SPD-Europa-Abgeordneten Dieter Rogalla, der das Gebiet des nordamerikanischen Indianerstamms „Western Shoshone“ bereist hatte. Auf einer Veranstaltung am vergangenen Freitag im Kulturzentrum Schlachthof informierte Renate Domnick von der „Gesellschaft für bedrohte Völker“ über den Kampf der Shoshone.
Obwohl der Nation der Shoshone im Jahre 1863 ein Territorium in Nevada zuerkannt wurde, hat die sog. Indidanerbehörde der USA (“Bureau of Indian Affairs“) vor wenigen Jahren den Shoshone ihr Land gegen eine Entschädigungszahlung von 26 Millionen Dollar aberkannt. Die Shoshone rührten dieses Geld nicht an, da sie ihr Territorium nicht verlassen und die Enteignung ihres Landes nicht anerkennen wollten. Ohne Land verlieren die Shoshone, die in der salzigen Halbwüste von Nevada hauptsächlich von Rinderzucht leben, ihren kulturellen Zusammenhang und ihre Existenzgrundlage.
Schon einmal trat die Nation der Shoshone an die Weltöffentlichkeit, als sie im Bündnis mit der Friedensbewegung internationale Camps gegen die Atomwaffenversuche auf ihrem Territorium einrichteten. Die Teilnehmer des Camps unterstützten damit auch die Eigentumsansprüche der Shoshone.
Für den Stamm der Shoshone ist der juristische Streit in letzter Instanz verloren. Stellvertretend für das Kollektiv führt daher die Shoshone-Familie Dann den Kampf um die Landrechte weiter. 1973 wurde diese Familie vom Bureau of Land Management aufgefordert, Weidegenehmigungen für ihre Rinder zu beantragen und Weidegebühren zu bezahlen. Die Danns lehnten dieses mit der Begründung ab, daß ihre Rinder auf Western Shoshone Territorium weideten. In der Folgezeit werden die Danns vom Appellationsgericht darauf hingewiesen, daß sie individuelle Landrechte beanspruchen könnten. Dieses lehnen sie jedoch mit der Begründung ab, daß sie um das Landrecht der Western Shoshone kämpften. 1992 wurde das Vieh der Danns konfisziert und Clifford Dann aufgrund seines Widerstands dagegen wegen „Angriffs gegen die Polizei“ angeklagt.
Eine Anerkennung ihres Kampfes gegen Enteignug und die Umweltzerstörung auf ihrem Territorium erhielten die Schwestern Dann in der letzten Woche: Die schwedische Stiftung „Right Livelihood“ verlieh den alternativen Nobelpreis unter anderem an Mary und Carrie Dann für ihre Aktionen des zivilen Ungehorsams gegen die US-Behörden.
Die Uno hat das Jahr 1993 zum Jahr der Partnerschaft mit indigenen Völkern erklärt. In diesem Rahmen will eine Delegation der Shoshone demnächst Europa bereisen, um Partnerschaftsveträge mit Städteparlamenten abzuschließen - allerdings wollen die Shoshone mit ihren eigenen Pässen einreisen, um wenigstens in Europa eine Anerkennung auf dieser diplomaischen Ebene zu erzwingen.
Kultureller Austausch, der Aufbau einer Kommunikationsstruktur, Thematisierung der Land- und Menschenrechte und eine Zusammenarbeit im Umweltbereich sollen Inhalt der Partnerschaften sein.
Die Grünen veranlaßten die Senatorin für Kultur- und Ausländerintegration, die Delegation der Shoshone in die Hansestadt einzuladen. „Wir wollen den Shoshone ein Forum schaffen, damit sie ihre Angelegenheiten darlegen können“, sagte ein Vertreter der Kulturbehörde. cp
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