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„Bremen für die Hütte!“

■ 5000 BremerInnen für Klöckner auf der Straße / Luxemburger „Arbed“ will „bremische“ Lösung mitmachen

„Die Hütte für Bremen — Bremen für die Hütte“. Das Transparent an der Rednertribüne verkündete, was RednerInnen und DemonstrantInnen gestern nachmittag auf der Domsheide immer wieder beschworen: Der Senat und die Bevölkerung Bremens ständen zusammen, um zu verhindern, daß die Bremer Klöckner- Hütte „von den Aasgeiern plattgemacht wird.“

Fünftausend Menschen waren bei kaltem Regenwetter vom Arbeitsamt zum Domshof gezogen. Über dem Heer von Regenschirmen wehten die roten Fahnen der IG Metall, Schutzhelme und silberne Asbestanzüge schützten die Arbeiter und ihre Familien vor dem Regen. Auf dem Domshof hörten sie entschlossene Reden: gemeinsam habe man vor einem Jahr das Hoogovens- Konzept abgewehrt, gemeinsam habe man den Vergleich durchgestanden, gemeinsam werde man auch den jetzigen Stillegungsplänen trotzen. „Genug ist genug. Die Gespräche von Klöckner mit Thyssen müssen aufhören“, rief Betriebsratsorsitzender Peter Sörgel in die Menge.

Klöckneraner, Senat, Bevölkerung, Gewerkschaften und Stahlkocher aus dem Ruhrgebiet, Salzgitter und Henningsdorf — alle Seite an Seite gegen das Aus für Klöckner, das war die Botschaft der Demo. Bürgermeister Klaus Wedemeier legte sich für die „Interessentenlösung“ ins Zeug: „Das Schicksal von Klöckner darf nicht in Duisburg entschieden werden. Die Hütte ist wettbewerbsfähig, wenn es nach den Gesetzen der Marktwirtschaft ginge, ständen wir heute nicht

„Damit wir nicht von den Aasgeiern plattgemacht werden...“Foto: Wolfram Steinberg

hier.“ Es falle dem Senat nicht leicht, die Mittel für die Interessentenlösung aufzubringen und Anteile der Stadtwerke zu verkaufen. „Ich kann nicht sagen, daß sich unsere Lösung schon gegen die zwei anderen Modelle durchgesetzt hat. Es gibt eine Chance von fünfzig zu fünfzig.“

Klaus Hilker, Vorstandsvorsitzender der Bremer Klöckner- Hütte, wandte sich dagegen, „daß andere unsere Hütte schließen wollen. Wir sind empört, daß Firmen, die den Stahl für 50 Mark pro Tonne teurer produzieren, sich durch unsere Schließung sanieren sollen.“ Auch Hilker plädierte für die Interessentenlösung: „Wir wollen auch ein anderes Stahlunternehmen mit hereinnehmen, am besten eines, das auch am Meer liegt.“

Großen Beifall fand die Ansprache von Werder-Manager

hier bitte das

Demo-Foto

Willi Lemke, der den Stahlkochern das Kämpfen empfahl. „Auch wir bei Werder haben schon oft zurückgelegen und doch noch gewonnen“, grüßte Lemke von seinen millionenschweren Fußballprofis.

Die luxemburgische Stahlgesellschaft Arbed hat inzwischen bestätigt, daß sie mit ihrer belgischen Tochterfirma Sidmar an den Gesprächen um eine bremische „Interessentenlösung“ beteiligt ist. Sidmar ist schon an der Bremer Feuerverzinkungsanlage „Sikel“ mit 2/3 beteiligt, Klöckner hält nur 1/3 der Anteile.

Der Kohleliferant von Klöckner, der ursprünglich auch an den Gesprächen beteiligt war, hat nach der Veröffentlichung seines Interesses Druck von Thyssen bekommen und inzwischen zurückgezogen. Die durch Indiskretionen aus dem Rathaus verbreitete Zahl von 250 Millionen Mark, mit denen der Bremer Senat sich an einer Sanierung beteiligen will, ist allerdings noch reine Spekulation. Insbesondere müßte die Beteiligung so konstruiert sein, daß die EG nicht — wie im Falle der Atlas-Elektronik-Ankaufs durch den Vulkan — Einspruch

wegen unzulässiger Stahl-Subvention erhebt.

Wenn in den nächsten Tagen eine Vereinbarung über eine „Bremer Interessentelösung“ zustandekommt, wird diese für Klöckner aber nur ein Angebot unter anderen sein. Insbesondere aus der Deutschen Bank als dem Finanzier von Thyssen wie Klöckner gibt es Hinweise, daß sie eher auf eine Stillegung der Warmwalzphase von Klöckner in Bremen drängen wird als bei Krupp/Hoesch im nordrhein- westfälischen Dortmund.

beppo/K.W.

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