: Bremen bei Nacht in Ruhe
■ SchaustellerInnen bestreiten gesamtes Freimarktprogramm
Einen Widersacher legt man lahm, indem man ihm einen Posten gibt. So durfte gestern die „Veranstaltungsgesellschaft Bremer Schausteller GmbH“ einen Vertrag unterzeichnen, in dem die Stadthalle Bremen sie für fünf Jahre zu Herren über die gesamte Freimarktsparty erklärt.
Im vergangenen Jahr hatte es einen Streit zwischen den SchaustellerInnen und dem Bremer Gastronomen Achim Grunert gegeben, der die Veranstaltungen in Halle IV und V organsisierte. Der, klagten die SchaustellerInnen, zieht ab 23 Uhr die Freimarkt-Gäste ab und belästigt mit seinem Lärm bis in die frühen Morgenstunden die SchläferInnen in den Wohnwagen. Die SchaustellerInnen fühlten sich vom FDP-Innensenator verschaukelt, der zuließ, daß Grunert, ohnehin vom Weser-Kurier und von Becks gesponsert, schließlich auch noch von der Polizei die Wege zu den Hallen freigemacht wurden. Unterstützung erhielten die SchaustellerInnen allein beim CDU-nahen Weser-Report.
Diese „Querelen“, erklärt Klaus Kleybert, Geschäftsführer der Veranstaltungs-GmbH, wollte sich die Stadthalle nicht länger leisten und suchte nach dem Auslaufen der Grunert-Verträge nach einem neuen Partner. Die derzeit noch in Gründung befindliche „Veranstaltungsgesellschaft Bremer Schausteller GmbH“, der mehr als 100 SchaustellerInnen angehören, erhielt den Zuschlag, obgleich es höhere Gebote bei den sechs Mitbewerbern gab.
Dafür hat die Stadthalle in Zukunft keinen Ärger mehr. Die SchaustellerInnen nämlich wurden überredet, ihre ursprünglichen Pläne aufzugeben, nach denen die Hallenparties genauso wie die Kirmes um 23 Uhr zu Ende gehen sollten. „Schweren Herzens sind wir davon abgegangen“, bedauert Karl Heinz Fehrensen, Vorsitzender des Schaustellerverbandes. Die Hallen werden also auch beiom 360. Freimarkt im Oktober bis mindestens zwei Uhr nachts beschallt, am Wochenende bis mindestens drei Uhr. Allerdings mit mehr Volksmusik, und die soll, Bayernzelt hin oder her, auch schon am Nachmittag aufspielen. Die bislang veranstaltungsfreien Zeiten sollen mit Topacts wie „Marianne und Michael“ gefüllt werden, damit ein Publikum angezogen wird, das womöglich vorher Cats oder das Phantom der Oper besucht hat.
Fehrensen ist optimistisch, was die Zusammenarbeit mit der Stadhalle angeht: „Wir können uns ja nicht selber ausschimpfen“, sagt er. Eine Kröte aber muß er schlucken: Achim Grunert ist wieder dabei. Er erhält, teilte Kleybert mit, einen Beratervertrag oder wird im Gatsronomiebereich teilnehmen. Der Rahmen ist noch nicht klar. Ließe sich ergänzen: ... aber das Netz, mit dem man Fische fängt. dah
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