Marmor Stein und Eisen Brecht: Brecht muß sein
■ Eine Wortmeldung zum 100. Geburtstag
Spazierte Herr K. wieder einmal durch die Welt und traf einen Mann, der sich vorstellt: Gestatten, mein Name ist immer noch Brecht. Und die Anekdote beginnt anders. Oh! sagte Herr K. und erbleicht. Da es relativ dunkel ist, bleibt diese psychosomatische Reaktion ohne erhellende Wirkung.
Ökologisch betrachtet, war das mit den Würmern und dem Stahlsarg Scheiße, plaudert Brecht, ich habe dazugelernt. Ich denke jetzt mehr aus der Perspektive der Würmer. Brecht rückt die Brille zurecht und bringt die Zigarre in Stellung. Brauchen sich gar nicht zu verstellen, lieber Ernst Jünger, lächelt K., den Brecht spielen Sie zu gut!
Von den Würmern lernen heißt siegen lernen, unterbricht ihn Bertolt. Oder sollte es „kriechen“ heißen? Der Ernst sammelt übrigens Käfer, Herr – jetzt habe ich glatt Ihren Namen vergessen.
Herr K. bereitet schweigend eine würdige Pointe vor.
Brecht schreitet hurtig davon und murmelt: Habe ich den erfunden, mein Gott, wieso.
Oh, mein Brecht, flüstert Gott aus dem Himmel und hat wieder jemand, an den er eine Weile glauben kann.
Und Brecht erwägt, sich künftig Bertold zu schreiben. Oder Berthold. Und er bestellt einen Erfrischungstrink in der kleinen Bar des neuen Gruselkabinetts am Anhalter Bahnhof. Die Inhaberin spendiert sofort einen zweiten und spricht lachend: Mann, Sie sehen ja aus wie Brecht, wollen Sie nicht stundenweise bei mir herumspuken?!
Brecht denkt an die Brecht- Tage und schwitzt leicht. Obwohl es kühl, er aber gar nicht cool ist. Die Dialektik, stottert er.
Gut, sehr gut, prostet die Chefin zurück. Lutz Rathenow,
Dichter und Historiker
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