Brechmitteleinsatz in Bremen: Freispruch aufgehoben

Der Bundesgerichtshof (BGH) hat im Streit um den Bremer Brechmitteleinsatz (2005) den Freispruch für den verantwortlichen Arzt aufgehoben und die Sache zurück ans Landgericht Bremen gegeben.

Magenmodell mit Drogenpäckchen (Demonstration des Hauptzollamts Aachen). Bild: dpa

LEIPZIG apn | Der Bundesgerichtshof (BGH) hat den Freispruch eines Bremer Polizeiarztes nach einem tödlichen Brechmitteleinsatz aufgehoben und die Sache zur Neuverhandlung an das Landgericht Bremen zurückverwiesen. Die Richter des in Leipzig ansässigen 5. Strafsenats begründeten ihre Entscheidung am Donnerstag mit der mangelhaften Beweiswürdigung der Bremer Richter, die den Arzt vom Vorwurf der fahrlässigen Tötung freigesprochen hatten.

Der Arzt hatte einem mutmaßlichen Drogenhändler aus Sierra Leone Brechmittel und Wasser eingeflößt, um auf diese Weise Kokainkügelchen zu sichern, die der Mann verschluckt hatte. Der 35-Jährige fiel während der Prozedur ins Koma und starb später im Krankenhaus.

Das Bremer Landgericht hatte im Dezember 2008 erklärt, der Vorwurf der fahrlässigen Tötung sei dem Angeklagten nicht nachzuweisen. Der Arzt habe sich zwar vieler Pflichtversäumnisse schuldig gemacht, aber mangels Qualifikation nicht vorhersehen und erkennen können, dass sich der Gesundheitszustand des betroffenen Afrikaners lebensbedrohlich verschlechterte.

Löste politisches Beben in Bremen aus

Am 27. Dezember 2004 war der aus Sierra Leone stammende Mann in Bremen festgenommen worden, nachdem Polizisten ihn beim Verschlucken von kleinen Kügelchen beobachtet hatten. Auf der Wache flößte der angeklagte Mitarbeiter des ärztlichen Beweissicherungsdienstes dem 35-Jährigen mithilfe einer Magensonde zwangsweise große Mengen Brechmittel und Wasser ein - obwohl er laut Gericht weit entfernt von einem in diesen Dingen erfahrenen Facharzt gewesen sei.

Der Zustand des Inhaftierten verschlechterte sich demnach zeitweilig so, dass der Angeklagte den Notarzt holte. Als sich der Afrikaner erholte, habe der Mediziner in Anwesenheit des Notarztes und mit Hilfe von Rettungssanitätern weitergemacht, bis sich der Zustand des Mannes deutlich verschlechtert habe.

Der Notarzt habe Wiederbelebungsmaßnahmen unternommen, im Koma liegend sei der Mann ins Krankenhaus gebracht worden. Letztlich führte nach Überzeugung des Gerichts der Sauerstoffmangel zunächst zu dem Koma und am 7. Januar zum Tod des Mannes.

Der Fall hatte seinerzeit in Bremen für ein politisches Beben gesorgt. Innensenator Thomas Röwekamp (CDU) musste sich einem Misstrauensvotum stellen, das mit den Stimmen der früheren rot-schwarzen Koalition zurückgewiesen wurde.

(Aktenzeichen beim Bundesgerichtshof: 5 StR 18/10)

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