"Bravo" im Kampf gegen Cybermobbing: Das Dr.-Schröder-Team
Erstaunliche Allianz: "Bravo" und die Familienministerin starten eine Kampagne gegen Cybermobbing. Dabei sind die Kids viel cooler, als die Medien behaupten.
Ich bin Justin-Bieber-Fan." "Du Opfer". "Halt die Fresse!" So geht es zu auf der Facebook-Seite des Bravo-Chefredakteurs Philipp Jessen. "Der Umgangston von Jugendlichen im Netz ist mitunter rabiat", sagt Jessen. "Wir müssen da aufklären."
Mit Aufklärung kennt sich das Jugendmagazin aus. Es sagt 13-Jährigen, dass man von Analverkehr nicht schwanger wird und dass Kokain schnell psychisch abhängig macht. Jetzt also Cybermobbing. "Einer wird im Netz fertig gemacht und am nächsten Tag weiß es die ganze Schule", hat Jessen beobachtet.
Das findet auch Kristina Schröder doof. Jetzt klärt die Ministerin "für alle außer mittelalte Männer" (Schröder über Schröder) auf - in der Bravo. Sie weiß, wovon sie redet. Sie ist selbst bei Facebook und bei Twitter und muss da oft ganz schön einstecken, manchmal "unter der Gürtellinie".
Schröder und Jessen sind sich einig: "Es muss was passieren, bevor was passiert." Denn das Netz senke Hemmschwellen, Cyberspace sei ein entgrenzter Raum, Anonymität gebe den Mobbern Sicherheit, dem Netz könne man nicht entfliehen.
Daumen hoch, Daumen runter
Das ist ja alles richtig. Aber es klingt, als ob Jugendliche im Netz heute nichts anderes zu tun haben, als sich jeden Tag gegenseitig zu killen.
Wer jugendliche Kinder hat, die sich täglich länger im virtuellen Raum aufhalten als in der Schule, beobachtet allerdings etwas anderes: Die Kids sind viel cooler und weniger aggressiv, als uns manche Medien weismachen wollen. Da wird gefoppt und gelästert, gekichert und gefrotzelt. Mal mehr, mal weniger rau.
Da werden Daumen hoch und runter gehalten. Und da tun sich Gruppen gegen eine oder einen zusammen, der für eine Weile "Mode ist". Dann dreht sich der Wind und jemand anderes ist dran. Ist nicht schön, aber normale Spielregel, vor allem unter Jugendlichen.
Das war aber schon so, bevor wir ins digitale Zeitalter eingetreten sind. Auf dem Schulhof, im Ferienlager, im Klassenraum. Das wird wahrscheinlich auch immer so bleiben. Und das wird sicher auch die beste Kampagne nicht ändern. Und wahrscheinlich ist Cybermobbing mehr ein Thema für die Medien als für die Jugendlichen.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Debatte um SPD-Kanzlerkandidatur
Schwielowsee an der Copacabana
BSW und „Freie Sachsen“
Görlitzer Querfront gemeinsam für Putin
Urteil nach Tötung eines Geflüchteten
Gericht findet mal wieder keine Beweise für Rassismus
Papst äußert sich zu Gaza
Scharfe Worte aus Rom
Aktienpaket-Vorschlag
Die CDU möchte allen Kindern ETFs zum Geburtstag schenken
Wirtschaftsminister bei Klimakonferenz
Habeck, naiv in Baku