: Bravo 'Bild‘!
■ Springer-Blatt für straffreie Abtreibung
Berlin (taz) - Es kann nicht länger verheimlicht werden: 'Bild‘ ist auf dem besten Wege, das führende Frauenbewegungs -Blatt der Nation zu werden. Die obligatorischen nackten Frauen und die Sex-and-Crime-Stories sind entweder nur beste Tarnung oder das Stückchen Zucker, mit dem auch hardcore -Machos frauenpolitische Positionen Dosis für Dosis schmackhaft gemacht werden soll. Bestes Beispiel dafür bot gestern die Berliner Ausgabe von 'Bild‘ auf ihrer letzten Seite. Neben einem Aktfoto von „Marga-Maria - Deutschlands ältestes Fotomodell“ wurden die Leserinnen aufgefordert, sich mit ihrer Unterschrift für einen straffreien Paragraphen 218 einzusetzen. „Frauen fordern ihr Recht“ heißt die 'Bild'-Aktion und der Aufruf lautet: „Wir Frauen in Ost und West melden uns zu Wort. Wir sind es leid, daß selbst beim Schwangerschaftsabbruch wieder einmal ohne uns über uns entschieden werden soll. Wir wissen: Keine Frau läßt ohne Not eine Schwangerschaft abbrechen. Niemand kann der Frau im Gewissenskonflikt die Entscheidung über einen Schwangerschaftsabbruch abnehmen. Deswegen wollen wir eine vernünftige neue Regelung für Gesamtdeutschland.“
„Wir fordern: Staatliche Förderung von Sexualerziehung und Aufklärung auch über Schwangerschaftsverhütung, einen Rechtsanspruch für schwangere Frauen auf Beratung und soziale Hilfen, wirksame Rechte und Unterstützung für Mütter. Bei Schwangerschaftskonflikten vor allem: Wegfall der Strafdrohung für Schwangerschaftsabbrüche in den ersten drei Monaten. Helfen Sie mit, unterstützen Sie diesen Aufruf!“
Dazu gibts einen Coupon zum Ausschneiden „JA, ich unterstütze die Aktion“. Versehen mit Namen und Anschrift soll er an Rita Süssmuth, Herta Däubler-Gmelin oder Irmgard Adam-Schwätzer geschickt werden. Bravo, 'Bild‘ für dieses plebiszitäre Engagement!
Übrigens: Bereits vor einigen Wochen suchte die DDR -Familienministerin, unterstützt von der DDR-Zeitschrift 'Für Dich‘ auf ähnliche Weise die Zustimmung ihrer Landsfrauen für die Beibehaltung der DDR-Fristenlösung. Es kamen über 100.000 Unterschriften zusammen.
uhe
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