: Brav und angepaßt
■ Was Automobilisten von Bus- und Bahnfahrern halten – Studie auf dem Psychologen-Kongreß in Hamburg
Wer täglich mit dem Bus oder der Bahn zur Arbeit oder auch zum Einkaufen in die Stadt fährt, ist bei Autofahrern nicht besonders hoch angesehen. „Benutzer öffentlicher Verkehrsmittel“ gelten den Autolenkern als brav, angepaßt, risikoscheu, altmodisch oder sogar humorlos. Das ergab eine Studie des Wiener Verkehrsforschungs-Institutes FACTUM. Die Studie über „Gute Vorsätze und Realität: Die Diskrepanzen zwischen Wissen und Handeln am Beispiel Verkehrsmittelwahl“ wurde auf dem 39. Kongreß der Deutschen Gesellschaft für Psychologie am Dienstag in Hamburg vorgestellt.
Dieses Image „vor dem viele die Flucht ergreifen“, ist eines der „irrrationalen“ Motive, die erklären, weshalb es Autofahrern so schwer fällt, auf öffentliche Verkehrsmittel umzusteigen. Weder der tägliche Stau noch die Einsicht in die Notwendigkeit einer allgemeinen Reduzierung des Autoverkehrs ändern etwas . „Die meisten Autofahrer wissen zwar, daß sie eigentlich weniger fahren sollten, aber sie schaffen es nicht“, erklärte der Psychologe Michael Praschl (Wien).
350 Tiefen-Interviews brachten ans Licht, was die (in diesem Fall: Wiener) Autofahrer so fest am Steuer hält. Nur die Hälfte der Autolenker begründet die Autobenutzung mit einer sachlichen Notwendigkeit, vor allem dem Fehlen öffentlicher Nahverkehrsmittel. Viel häufiger werden andere Gründe genannt. So bekennen 86 Prozent, daß ihnen „oft der momentane Vorteil spontan wichtiger ist“. Ebenfalls 86 Prozent meinen, „daß Autos heutzutage so selbstverständlich sind, daß sich der einzelne für die Umweltbelastung nicht wirklich verantwortlich fühlt“.
77 Prozent geben zu, daß sie zu bequem sind, andere Möglichkeiten zu nutzen“ und 55 Prozent denken oft, daß „es auf das eine Mal auch nicht ankommt“. Hinzu kommt die noch immer recht positive Einstellung zum Auto. Überraschend ist, daß Autos spontan recht schwach mit „umweltschädlich“ assoziiert werden. 62 Prozent der Fahrer halten sich sogar für umweltfreundlich. Hier hat offensichtlich der Katalysator sehr stark zur Gewissensberuhigung beigetragen, sagte Psychologe Praschl.dpa
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