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Brasilien verweigert jetzt Tilgungen

■ Schulden des Pariser Klub betroffen / Neuverhandlungen angestrebt / Währungsreserven sehr niedrig

Berlin (taz/dpa) - Nachdem die internationale Finanzwelt durch die Entlassung des aufmüpfigen brasilianischen Finanzministers ruhiggestellt war, droht ihr nun neues Ungemach aus dem mit 110 Milliarden Dollar am meisten verschuldeten Land der Dritten Welt. Brasilia verweigert jetzt die Zahlung von rund 1,05 Milliarden Dollar, die als Schuldtilgung teils zum 30. Juni, teils zum Jahresende fällig wären. Am 20. Februar - noch in der Ära Funaros - hatte man sogar die Zinszahlungen teil weise ausgesetzt und bis heute noch nicht wieder aufgenommen. Ausfälle bei Tilgungen (also den eigentlichen Rückzahlungen) sind allerdings nicht so „gefährlich“ für das internationale Währungssystem wie Zinsverweigerungen, da sie nach den gängigen Bankenvorschriften nicht wie letztere eigentlich zur automatischen Erklärung der Zahlungsunfähigkeit eines Landes führen müssen. Bei der jetzigen Tilgungsverweigerung handelt es sich um Kre dite von staatlichen Organisationen (beziehungsweise von ihnen verbürgte), die sich im „Pariser Klub“ zusammengeschlossen haben. Der neue Finanzminister Bresser Pereira erklärte, man wolle dadurch die Gläubiger nicht verärgern, sondern lediglich die zur Zeit sehr niedrigen Währungsreserven schützen, mit anderen Worten: Man ist pleite. Die brasilianische Regierung erhofft sich durch diesen Schritt neue Verhandlungen mit dem Pariser Klub. Ihr Vorschlag, die Rückzahlungen um 90 Tage zu strecken, lehnte der Klub bisher ab. Pereira kündigte auch an, die Zinszahlungen baldmöglichst wieder aufzunehmen. Die Zahlungsverweigerung ist im Zusammenhang zu sehen mit Unruhen in der brasilianischen Bevölkerung, die sich gegen regierungsamtlichen Lohnstopp und Preiserhöhungen bei öffentlichen Dienstleistungen richten, mit der die öffentlichen Kassen zur Schuldrückzahlung fit gehalten werden sollen. ulk

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