Brandenburg: Militärs auf Abstand zum "Bombodrom"
Der Bundeswehrverband bezweifelt, dass das Festhalten am Bombenabwurfplatz sinnvoll ist. Das Verteidigungsministerium sieht das anders.
Die Gegner einer Nutzung des brandenburgischen "Bombodroms" für Flugübungen der Bundeswehr bekommen nun auch Verstärkung aus dem Militär selbst. So erklärte Hartmut Schönmeyer, beim Bundeswehrverband für die Luftwaffe zuständig, man müsse überlegen, ob sich ein weiterer Rechtsstreit noch lohne. Uwe Köpsel, Vorsitzender des Landesverbandes Ost, mahnt an, die soziale Dimension zu beachten. Die Menschen in der Region bräuchten Planungssicherheit. "Ein weiteres Hinhalten ist denen nicht zuzumuten", sagt Köpsel. Angesichts der Tatsache, dass die Kläger deutlich gemacht hätten, notfalls auch weitere vierzehn Jahre zu prozessieren, sei es besser, den Übungsplatz aufzugeben und sozialverträglich abzuwickeln. "Dann kann man sich dort auf den Fremdenverkehr konzentrieren", sagt er. Zurzeit sei in Wittstock ein Ausbildungsbataillon des Heeres mit insgesamt 80 Bediensteten stationiert.
Ob das Gelände für Tiefflüge tatsächlich benötigt wird, ist umstritten. "Die Anzahl der Flugübungen ist aus Kostengründen generell zurückgegangen", sagt Hans-Joachim Schmidt vom Hessischen Institut für Friedens- und Konfliktforschung. Dennoch ist er der Meinung, die Piloten benötigten Möglichkeiten, zu üben. Die vermehrten Übungen im Ausland seien eine Verlagerung von Aufgaben, die "die Bundeswehr eigentlich zuhause leisten sollte". Auch aus Kostengründen sei die Nutzung von Kapazitäten im Inland günstiger als in Amerika.
Aus Pilotenkreisen heißt es hingegen, dass ein weiteres Übungsgelände neben den bestehenden nicht notwendig sei. In Deutschland gibt es zurzeit noch zwei Luftwaffenverbände, die Übungsbomben abwerfen - teilweise beim niedersächsischen Nordhorn. Seit dem Ende des Kalten Krieges hat sich die Zahl der Tiefflugeinsätze aber um 90 Prozent verringert.
"Die Zeit arbeitet für uns", sagt Anwalt Reiner Geulen, der im Prozess die Gemeinde Lärz bei Wittstock vertreten hatte. Der Bedarf an Tiefflugplätzen verringere sich immer weiter. "Die Technologie ist veraltet, niemand wirft mehr Bomben", sagt der Experte für Luftverkehrsrecht und versichert, für mögliche weitere Prozesse gerüstet zu sein. Er attestiert der Bundeswehr eine "defizitäre" Prozessführung: "Die ist schon bei den banalen Fragen eingebrochen." So hätte sie nicht einmal klarmachen können, wie und wo sie über dem "Bombodrom" überhaupt fliegen wolle. Zu den Rechtsfragen sei man im Prozess gar nicht gekommen, so Geulen. "Die Bundeswehr sitzt noch immer auf dem hohen Ross und meint, einfach alles anordnen zu können."
Am Dienstag hatte das Verwaltungsgericht Potsdam zum 23. Mal den Klagen von "Bombodrom"-Gegnern stattgegeben und der Bundeswehr die Nutzung des Areals untersagt. Das Verteidigungsministerium möchte jedoch am "Bombodrom" festhalten und kündigte an, weitere rechtliche Schritte zu prüfen.
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