piwik no script img

BrandenburgDie Märkische SPD sieht Rot

Nicht nur die Linke hat in Brandenburg den Wahlkampf begonnen. Auch die CDU geht nach dem jüngsten Skandal um Bodenreformland zum Koalitionspartner auf Distanz. In Umfragen steigt die Zustimmung für ein rot-rotes Bündnis.

Auch wenn in Brandenburg erst im Herbst 2009 gewählt wird, herrscht im Land zwischen Elbe und Oder schon Dauerwahlkampf. Jüngstes Beispiel: Nach der BGH-Schelte über den Umgang des SPD-geführten Finanzministeriums mit ehemaligem Bodenreformland fordert der Koalitionspartner CDU Konsequenzen. "Es gibt Verärgerung und Unverständnis", schimpfte der Vorsitzende der CDU-Fraktion, Thomas Lunacek, am Wochenende. Auch die Fraktionschefin und Spitzenkandidatin der Linken, Kerstin Kaiser, hatte die SPD scharf kritisiert.

Wie berichtet, hatte der Bundesgerichtshof die Praxis der Landesregierung getadelt, Bodenreformland, für das sich kein Erbe fand, seit 1996 in Landesbesitz zu übertragen. Dieses Vorgehen, so die Richter, sei sittenwidrig und erinnere an DDR-Praktiken.

Mit dem Thema wird sich nun auch der Brandenburger Landtag beschäftigen. Auf einer Sondersitzung des Finanzausschusses, den Die Linke für kommenden Dienstag einberufen hat, soll Finanzminister Rainer Speer (SPD) ein umfangreicher Fragenkatalog vorgelegt werden. "Danach werden wir entscheiden, wie es weitergeht", sagt der Brandenburger Linke-Chef Thomas Nord der taz. Auch eine vorgezogene Neuwahl will Nord nicht ausschließen. Diese könnte mit den Kommunalwahlen zusammengelegt werden, die am 28. September stattfinden.

Für Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD), der sich zur Praxis seines Parteifreundes Speer bislang in Schweigen hüllt, kommt die BGH-Schelte zur Unzeit. Laut einer Umfrage von Emnid vom Januar 2008 verliert die große Koalition an Zustimmung. Zwar plädieren noch 46 Prozent der Befragten für eine Fortsetzung des Bündnisses aus SPD und CDU. Doch die Zahl der Anhänger einer rot-roten Koalition steigt. Bereits 39 Prozent der Brandenburger können sich ein Zusammengehen der SPD mit der Linken nach Berliner Vorbild vorstellen.

In der märkischen SPD sieht man angesichts solcher Trends inzwischen rot. Nicht nur Platzeck hatte in der Vergangenheit mehrfach zu erkennen gegeben, dass er ein Bündnis mit der Linken und deren Spitzenkandidatin Kaiser durchaus für denkbar halte.

Auch Sozialminister Günter Baaske (SPD) ist in der vergangenen Woche in die Offensive gegangen. Er fordert die Verabschiedung eines Vergabegesetzes wie in Berlin. Damit sollten öffentliche Aufträge an die Einhaltung eines Mindestlohns von 7,50 Euro gekoppelt werden. Sollte die CDU bei ihrer ablehnenden Haltung bleiben, drohe das Ende der Koalition. Dann, so Baaske, werde der Mindestlohn die "Bedingung" sein, mit wem die SPD nach der Landtagswahl 2009 koalieren würde.

Die Linke hat auf den "Linksruck" der SPD in Brandenburg bereits reagiert. Auf der nächsten Sitzung des Landtags am 27. Februar wird sie einen Antrag für ein Vergabegesetz einbringen und die SPD beim Wort nehmen, kündigte Linke-Chef Nord an. Damit ist die SPD, wie Nord sagt, "in der Zwickmühle". Stimmt sie zu, gibts Ärger mit dem Koalitionspartner. Lehnt sie ab, wird ihr Wortbruch vorgeworfen. Dauerwahlkampf eben.

In den dürfte sich bald auch die NPD einmischen. Laut Emnid könnte den Rechtsextremen nach Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern auch der Einzug in den Potsdamer Landtag gelingen. Derzeit liegt die NPD in Umfragen bei 4 Prozent. Trotz Verlusten von 3 Prozent vorne ist immer noch die SPD, die auf derzeit 37 Prozent der Wähler käme. Die Linke liegt mit 26 Prozent auf Platz zwei und hat um zwei Punkte zugelegt. Die CDU kommt mit 21 Prozent auf Platz drei (minus 2 Prozent). Die FDP liegt bei 5, die Grünen bei 4 Prozent.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

0 Kommentare

  • Noch keine Kommentare vorhanden.
    Starten Sie jetzt eine spannende Diskussion!