: Brandanschlag auf türkisches Wohnhaus
Am Wochenende verübte ein Anhänger der Nationalistischen Front einen Brandanschlag auf ein von Türken bewohntes Haus / Prompter Feuerwehreinsatz verhinderte Schlimmeres ■ Von Christa Müller
Bielefeld (taz) – Bereits zum zweiten Mal innerhalb weniger Monate ist die ostwestfälische Stadt Bielefeld Ort eines Brandanschlags auf ein überwiegend von Türken bewohntes Haus geworden. Auch in der Nacht von Freitag auf Samstag war es lediglich glücklichen Umständen zu verdanken, daß kein Mensch zu Schaden kam.
Im Erdgeschoß des Wohn- und Geschäftshauses im Bielefelder Stadtteil Quelle befinden sich ein türkischer Lebensmittelladen sowie ein türkischer Kulturverein. Bis wenige Minuten vor der Tat hatten sich dort einige Männer zum Kartenspielen versammelt. Das Obergeschoß des Hauses wird von sieben Personen bewohnt; vier von ihnen stammen aus der Türkei.
Noch am Tatort konnte die Polizei einen 28jährigen Bielefelder festnehmen, der Kontakte zur verbotenen Nationalistischen Front (NF) unterhält. Die NF hatte ihr Bundeszentrum im Jahre 1989 aus der Bielefelder Bleichstraße in das nahe gelegene Detmold-Privitsheide verlegt.
Der Festgenommene, der die Tat bislang noch bestreitet, soll am Samstagmorgen gegen halb vier an zwei Stellen Feuer gelegt haben, das nur zufällig von zwei Feuerwehrmännern auf ihrem Heimweg entdeckt wurde. Kollegen der Feuerwehr von der Queller Brandwehr waren wenige Minuten später zur Stelle und konnten so eine Gefährdung der im Haus schlafenden Menschen verhindern. Das Lebensmittelgeschäft blieb am Montag geschlossen, da das Feuer die Stromleitung beschädigt hatte und somit die Kühlgeräte außer Betrieb sind.
In der Bielefelder Antifa-Szene wird gemunkelt, daß es sich bei dem Tatverdächtigen um einen Mann handeln könnte, der im Umfeld der Nationalistischen Front auf die Agitierung von Jugendlichen spezialisiert war.
Die Bielefelder Staatsanwaltschaft konnte allerdings lediglich die NF-Kontakte des 28jährigen bestätigen und wollte fremdenfeindliche Motive „nicht ausschließen“.
Oberstaatsanwältin Christa Hundertmark teilte mit, daß jedoch auch Indizien vorlägen, die für private Motive eine Rolle gespielt haben könnten. Ein von Pressevertretern hergestellter Zusammenhang zu dem ungeklärten Tod des kurdischen Jugendlichen in Hannover, der vergangene Woche von einem Polizisten erschossen worden war, existiere „mit Sicherheit nicht“.
Bereits am 20. April (Hitlers Geburtstag) hatten sechs Jugendliche im Alter von 14 bis 16 Jahren einen Brandsatz in ein türkisches Arbeiterwohnheim in Bielefeld- Senne geworfen. Fünf der sechs festgenommenen Jugendlichen sitzen nach wie vor in der Jugendvollzugsanstalt Herford. Die Bielefelder Staatsanwaltschaft hat Anklage wegen versuchten Mordes, schwerer Brandstiftung und Verstoßes gegen das Waffengesetz erhoben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen