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Brandanschläge an der Saar

■ Wohnungen von Türken brannten aus

Saarbrücken (taz) – Bei Brandanschlägen auf zwei überwiegend von Türken bewohnte Häuser im saarländischen Klarenthal sind in der Nacht zum Mittwoch fünf Menschen verletzt worden. Sie erlitten nach Aussagen der Polizei leichte Rauchvergiftungen. Eine schwangere deutsche Frau kam vorsorglich ins Krankenhaus.

Nach Berichten von Augenzeugen konnte nur das schnelle Eingreifen der Feuerwehr, die die teilweise eingeschlossenen Bewohner mit Leitern rettete, eine schlimmere Katstrophe verhindern. Die Polizei hatte bis zum Redaktionsschluß nach Aussagen ihres Sprechers Werner Ulbricht „noch keine gezielten Hinweise auf Täter und Motiv“.

Das Feuer war gegen zwei Uhr nachts in den Kellerräumen der Mietshäuser gelegt worden. Dabei benutzten die Brandstifter nach ersten Ermittlungen Heizöl, das sie bei einem Einbruch aus dem Tank eines dritten Hauses abgezapft hatten. Ein türkischer Mieter entdeckte den Brand und alarmierte die Feuerwehr. An beiden Häusern entstand ein Sachschaden von etwa 50.000 Mark.

Zur Aufklärung der Brandanschläge hat das saarländische Innenministerium eine Sonderkommission mit 120 Polizeibeamten gebildet. Für einen rechtsextremen Täterkreis sprechen einige Indizien. So stammen 22 der insgesamt 30 Bewohner beider Häuser aus der Türkei. Auch dürfte Versicherungsbetrug als Motiv ausscheiden, denn die Häuser gehören dem staatlichen Kohlekonzern Saarbergwerke. Fast alle Mieter sind auf der Grube Luisenthal beschäftigt.

Das Saarland gilt seit Jahren als eine Hochburg von Rechtsextremisten: 1992 wies das Land neben Schleswig-Holstein mit 4,19 ausländerfeindlichen Gewalttaten auf 100.000 Einwohner die höchste Quote aller alten Bundesländer auf. Im Sommer 1991 war der aus Ghana stammende Flüchtling Samuel Yeboah bei einem Brandanschlag in Saarlouis getötet worden. Die Tat ist noch immer nicht aufgeklärt.

Frank Thewes

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