Brände in Tierställen: Was tun?
Regelmäßig kommen bei Bränden in Tierställen hunderte oder gar tausende Tiere ums Leben. Tierschützer:innen fordern einen besseren Brandschutz.
Warum brennen ausgerechnet Tierställe immer wieder? Tierschützer:innen weisen schon lange auf das Problem hin. Aktivist:innen des Deutschen Tierschutzbüros sind regelmäßig in Tierställen unterwegs, um die dortigen Bedingungen zu dokumentieren.
Auch im Kreis Osnabrück sind sie in verschiedene Ställe eingestiegen: „Auffällig ist, dass sehr viele preiswerte Materialien beim Bau der Ställe verwendet werden. Das sind zum Teil Baustoffe, die man für den normalen Hausbau niemals zulassen würde. Das hat natürlich Auswirkungen: Wenn es brennt, dann brennt es wesentlich schneller und intensiver“, sagt Jan Peifer vom Deutschen Tierschutzbüro. Problematisch sei auch die Lagerung von Heu, Stroh oder Dünger in unmittelbarer Nähe. „Das ist im Brandfall eine Katastrophe“, so Peifer.
Auch die existierenden Konzepte für den Brandschutz in Tierställen seien unzureichend. Schweine würden insbesondere in Zuchtbetrieben in Kastenständen oder Buchten gehalten, so der Tierschützer: „Um die Tiere im Brandfall zu evakuieren, müssten die Stände dann händisch geöffnet werden. Das ist in allen Haltungsformen ein Problem, auch bei Bio-Betrieben.“
Neues Brandschutzkonzept
Der Fachdienst Planen und Bauen des Landkreises Osnabrück kann insbesondere die Kritik an den verwendeten Baumaterialien nicht nachvollziehen. „Die Grundanforderungen zum Brandschutz unterscheiden sich bis auf die Rauchmelderpflicht zwischen Einfamilienhäusern und Ställen nicht“, heißt es auf Anfrage. Man lege bei der Planung einen Fokus darauf, „Brandausbrüche möglichst zu verhindern“. Ein „Nullrisiko“ könne nicht erreicht werden.
Für Tierschützer:innen ist das unzureichend. Peifer fordert mehr Kontrollen des Brandschutzes in den Ställen: „Schon Tierschutzkontrollen werden nur sehr selten durchgeführt, bei Brandschutzkontrollen sieht es nicht anders aus.“ Vom Landkreis Osnabrück heißt es dazu nur: „Regelmäßige Brandschutzinspektionen sind in Ställen nicht vorgesehen.“
Wie viele Ställe jährlich brennen und wie viele Tiere dabei getötet werden, kann niemand so genau sagen. Sowohl aus Kleinen Anfragen der Grünen im Bundestag als auch im Niedersächsischen Landtag geht hervor, dass es weder auf Bundes- noch auf Landesebene eine amtliche Statistik gibt, die die Anzahl getöteter oder verletzter Tiere aufgrund von Bränden erfasst.
Das kritisiert auch Stefan Stein. Der Tierschützer wurde 2019 auf die Vielzahl von Bränden aufmerksam und führt seitdem eine eigene Erhebung über Stallbrände in Deutschland durch. Dazu wertet er gemeinsam mit zwei Mitstreiterinnen nahezu täglich Medienberichte sowie Polizei- und Feuerwehrmeldungen aus. Im vergangenen Jahr lag das Agrarland Niedersachsen demnach mit 413 Bränden und mehr als 9.000 getöteten Tieren auf Platz zwei hinter Spitzenreiter Bayern. Bundesweit sind nach Steins Erhebung fast 56.000 Tiere bei mehr als 2.000 Bränden ums Leben gekommen.
Keine Lösungsvorschläge aus dem Ministerium
Vergleicht man diese Zahlen mit dem Jahr 2019, fallen sie fast niedrig aus. Nach Steins Erhebung sind damals deutschlandweit mehr als 115.000 Tiere ums Leben gekommen. „Die Dunkelziffer dürfte deutlich höher sein“, sagt er. Allein in Niedersachsen starben damals mehr als 86.000 Hühner bei einem einzigen Brand in einem Legehennenbetrieb im Kreis Vechta.
Die Grünen im Niedersächsischen Landtag haben nun einen Antrag in den Agrarausschuss eingebracht, in dem sie eigene Punkte für ein Brandschutzkonzept unterbreiten. Lösungsvorschläge aus dem Ministerium gebe es trotz mehrfacher Anfragen und Forderungen keine. „Landwirtschaftsministerin Otte-Kinast ignoriert dieses gravierende Tierschutzproblem“, heißt es in einer Pressemitteilung.
Das Landwirtschaftsministerium verweist auf Anfrage auf eine Arbeitsgruppe, die sich gemeinsam mit dem Bundeslandwirtschaftsministerium den Brandschutzmaßnahmen in Tierställen widme. Die Ergebnisse „sollen spätestens in der Frühjahrs-Agrarministerkonferenz 2022 und anschließend der Bauministerkonferenz vorgelegt werden“, heißt es.
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