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Boulevard der BestenRolf Lautenschläger

In der taz-Redaktion gilt das ungeschriebene Gesetz, dass Mann oder Frau bei dieser Zeitung nicht in Rente geht. In den frühen Jahren war das eh kein Thema, weil fast alle MitarbeiterInnen dafür viel zu jung waren. Doch auch sie werden älter, manche sogar 60 und mehr. Rolf Lautenschläger hingegen ist ein Mann alter Schule: Seit einem Vierteljahrhundert ist er Redakteur in der taz.Berlin-­Redaktion, Spezialfeld Kultur­politik und Architektur, und darüber 62 Jahre alt geworden. Ende dieses Monats verlässt er die Zeitung, aber nicht, um in Rente zu gehen, sondern um neues zu beginnen: Buch­projekte, Expertentum.

Für die Berlin-Redaktion und die taz generell ist das ein herber Verlust. Kaum jemand im Haus kennt die Merkwürdigkeiten der hiesigen Offszene so gut wie Rolf; niemand hat sich mit den vielen kulturpolitischen Baustellen wie dem Umbau der Staatsoper, der – berlintypisch – nun mindestens doppelt so teuer wird wie geplant, so beschäftigt wie er. Und keiner hat eine so klare Meinung zu den meisten Neubauprojekten, mit denen die Stadt in den vergangenen Jahren zum Leidwesen vieler zugepflastert wurde.

Rolf ist – war muss man ja nun sagen – zudem auch der nicht nur heimliche Herrscher einer Bürobesonderheit, die sich Glaskasten nennt. Dazu muss man wissen, dass die taz-MitarbeiterInnen in Berlin generell keine Einzelbüros haben, sondern in Großraumbüros arbeiten, von denen nur wenige den Charme eines Separees haben. Der Glaskasten ist so eines: Mitten in der Etage saß Rolf hier fast 25 Jahre und gab sein Wissen, seine Erfahrung und seine Erlebnisse weiter – nicht immer ganz leise, was vielleicht der Grund war, warum er in dem im Sommer heißen und stickigen Raum verblieb.

Und wem jetzt bei dem Stichwort Glaskasten gleich die naheliegende Frage auf den Lippen liegt, hier die Antwort darauf, formuliert von einem Kollegen, der lange in demselben Raum arbeitete: „Ja, Rolf saß im Glaskasten, er hat mit Steinen geworfen – aber nie auf die, die es nicht verdient haben.“

Ja, Rolf saß im Glaskasten, hat mit Steinen geworfen – aber nie auf die, die es nicht verdient haben

Jetzt wirft er das taz-Handtuch. Wir wünschen ihm alles Gute. Und dass er uns zumindest als Autor treu bleibt. Bert Schulz

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