Boulevard der Besten: EstherHtu San
„Ich habe Glück, dass ich erst als Journalistin anfing zu arbeiten, als sich mein Land zu reformieren begann“, sagt Esther Htu San. Die 27-jährige Birmesin hat vorige Woche am 3. Myanmar-Journalistenworkshop der taz Panter Stiftung teilgenommen. Htu San schreibt sonst von der Metropole Rangun (Yangon) aus auf Englisch für die Nachrichtenagentur Associated Press (AP).
Macht ihr Land Schlagzeilen wie bei der jüngsten Flüchtlingskrise in der Andamanensee, sind ihre Texte weltweit zu lesen. Dabei wollte Esther Htu San, die als Angehörige der christlichen Minderheit zu ihrem birmesischen Namen einen christlichen Vornamen trägt, zunächst nicht Journalistin werden. Doch weil sie so gut englisch spricht, wurde sie von Korrespondenten als Fixerin engagiert und lernte so den Medienberuf kennen. „Geschichten von Menschen erzählen zu können ist cool“, sagt sie. In Birma für englischsprachige Medien zu arbeiten sei immer noch sicherer als für birmesische, merkt sie an. „Meinen ersten Artikel habe ich darüber geschrieben, wie die Marine Kleinbauern ihr Land weggenommen hat.“ Einschüchterungsversuche und Drohungen seien die Folge gewesen.
Esther Htu San stammt aus dem Kachin-Staat, Birmas nördlichstem Unionsstaat. Sie wuchs in Hpakan auf, einem für seine Jademinen bekannten und deshalb umkämpften Ort in den Bergen. An Berlin beeindruckt Htu San, dass es hier so friedlich sei. „Der Workshop vermittelt eine Idee vom Leben in Frieden“, sagt sie. Dabei hatte sie eine nichtkriegerische Kindheit, weil es im Kachin-Staat einen langjährigen Waffenstillstand gab. Doch auch in Westbirma, wohin die Reporterin immer wieder reiste, gibt es Gewalt. Dort, im Rakhine-Staat, flohen Zehntausende Muslime vom Volk der Rohingya vor buddhistischen Scharfmachern in von Militärs betriebene Lager oder eben als Boatpeople übers Meer. „Ich war geschockt. Ich konnte mir nicht vorstellen, wie Menschen in meinem Land heute in Gettos leben müssen, weil sie sonst bedroht sind.“
„Als Kachin wurde ich erzogen, mich für andere zu engagieren und mit ihnen zu teilen“, erklärt sie. Von ihren Berliner Erfahrungen dürften deshalb viele profitieren. Sven Hansen
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen