piwik no script img

Botha droht mit Frieden

■ Diese Woche will Südafrika das Angola-Namibia-Abkommen in Brazzaville unterzeichnen

Einsicht, sanfter Druck der US-Regierung oder nur eine taktische Wendung? Wenn Südafrika zusammen mit Kuba und Angola in Brazzaville das Abkommen über die Zukunft im südwestlichen Afrika unterzeichnet, steht Namibias Weg zur Unabhängigkeit offen. Dennoch unterstützt das Apartheid -Regime weiter die Rebellen in Angola und Mosambik. Die Konsequenzen dieser neuen Politik diskutierten am Wochenende Aktivisten auf der ersten europäischen Anti-Apartheid -Konferenz in Bonn.

Zweifel an Bothas friedlichen Absichten bestimmten, trotz des jetzt in greifbare Nähe gerückten Abkommens zwischen Südafrika, Kuba und Angola um die Unabhängigkeit Namibias und den Abzug kubanischer Truppen aus Angola fast alle Vorträge und Diskussionen während der ersten internationalen Konferenz: „Beendet Südafrikas Aggression gegen Mosambik und Angola“ (ECASAMA) in Bonn. Rund 450 Anti-Apartheidaktivisten und Interessierte aus 22 Ländern waren am Wochenende in die Bundeshauptstadt gekommen. 18 Anti-Apartheidorganisationen aus 15 westeuropäischen Ländern hatten zu der Konferenz aufgerufen, um die „westeuropäische Unterstützung für Südafrikas Aggression“ gegen die Frontstaaten anzuklagen. Abdul Minty von der „Weltweiten Kampagne gegen militärische und nukleare Kollaboration mit Südafrika“ warnte davor, der neuen, gemäßigteren Politik des Botha-Regimes den südafrikanischen Nachbarstaaten gegenüber auf den Leim zu gehen.

„Wer weiß, daß die US-Regierung den UNITA-Rebellen mehr finanzielle Unterstützung gewährt als allen Frontstaaten zusammen?“ fragte er. Anders als bei vorangegangenen Veranstaltungen bundesdeutscher Anti-Apartheidgruppen stand dieses Mal auch die Forderung nach militärischer Unterstützung für die Frontstaaten auf der Tagesordnung. „Selbstverteidigung gegen Aggression ist ein fundamentales Recht, ebenso die Hilfe zur Selbstverteidigung.“ Minty sprach aus, was die anwesenden Vertreter aus Angola und Mosambik nur andeuteten. Ausführlich hatten sie beschrieben, wie die von Südafrika und dem Westen unterstützten RENAMO und UNITA-Rebellen vergewaltigend und mordend ganze Landstriche verwüsten, um die beiden Frontstaaten regierungsunfähig zu machen. Die Armut und das Elend in den Ländern sei nur zu beheben, so das Mitglied im Zentralkomitee der angolanischen Regierungspartei, Miguel Junior, wenn diesen Zerstörungskriegen ein Ende gemacht wird. Aber dazu brauchte man auch Militärhilfe. Trotzdem waren die Konferenzteilnehmer unsicher, wie sie auf diese Forderung reagieren sollten. In einer Arbeitsgruppe zum Thema „Unterstützung zur Selbstverteidigung“ berichtete Jorge Tembe aus Mosambik über den Aufbau von zivilen Verteidigungsgruppen in Dörfern und kleinen Städten. Von einem Schweizer Aktivisten wurde daraufhin vorgeschlagen, ein ECASAMA-Konto einzurichten, um Gelder für den Kauf von Waffen zu sammeln. Die Mehrheit der Aktivisten war allerdings der Meinung, daß die Unterstützung der Frontstaaten-Armeen mit Medikamenten, Stiefeln und dergleichen eher den finanziellen und moralischen Möglichkeiten ihrer Organisationen entsprechen.

Schützenhilfe erhielten die Frontstaaten von Prexy Nesbitt, einem Mitarbeiter des Mosambik-Solidaritätbüros in den USA. Er zitiert den früheren CIA-Chef in Angola, John Stockwell, der behauptet hatte, daß UNITA neben der offiziellen Hilfe Hunderte von Millionen Dollar aus dem Iran-Contra-Deal, von Saudi Arabien und Marokko erhielt. Ein Netzwerk erzkonservativer Organisationen in den USA und Westeuropa, wie der Internationalen Gesellschaft für Menschenrechte oder der CSU-nahen Hanns-Seidel-Stiftung, bereite sich gerade darauf vor, den Rebellengruppen im südlichen Afrika mehr Unterstützung zukommen zu lassen. Trotz eines offiziellen Kongreß-Berichts, in dem die Greueltaten der RENAMO ausführlich dokumentiert werden, soll auch die US-Regierung (durch CIA und den Militärischen Abschirmdienst DIA), so Nesbitt, die Rebellen weiterhin unterstützen.

Auch das für internationale Fragen zuständige Mitglied im FRELIMO-Zentralkomitee, Luis Cabaco, berichtete von der Verwirrung, die die plötzliche Annäherung zwischen dem Apartheid-Regime und den Regierungen der Frontstaaten bei rechtsradikalen und neokolonialen Kreisen verursacht hat. Diese Leute seien über den neuen Kurs des Apartheid-Regimes zutiefst beunruhigt und bereiteten neue Anschläge vor. Als Folge der Angola-Verhandlungen soll es auch innerhalb des UNITA-Lagers kriseln, berichtete Peter Manning, Vertreter der namibischen Befreiungsbewegung SWAPO in London. Der Machtkampf zwischen dem verhandlungsbereiten Flügel unter Leitung des Rebellen-Sprechers in Washington, Pedro Chingunij, und UNITA-Chef Jonas Savimbi soll den Hardliner immerhin schon dazu veranlaßt haben, sich mit seinem Erzfeind, dem angolanischen Präsidenten Dos Santos, in Marokko zu treffen. Manning warnte aber davor, dies als Zeichen für eine positive Entwicklung zu sehen. UNITA könnte vielmehr die Unterzeichnung eines Abkommens über Angola und Namibia zum Anlaß nehmen, eine Offensive zu starten. Daraufhin würden die Kubaner den Abzug ihrer Truppen aufschieben, was wiederum dem Apartheid-Regime als Rechtfertigung dienen würde, seine Truppen nicht aus Namibia abzuziehen.

Michael Fischer

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen