: Bosnienkontaktgruppe beugt sich den Serben
■ Vermittler sagen Sarajevoreise ab
Genf (taz) – Die internationale Kontaktgruppe hat ihren Besuch in Sarajevo abgesagt, weil die bosnisch-serbische Armee sich nicht bereit zeigte, die Sicherheit für ihr Flugzeug zu garantieren. Die Vermittler wollten nach Gesprächen in Belgrad gestern mit der bosnischen Führung über eine Verlängerung des Ende März auslaufenden Waffenstillstands für Bosnien verhandeln. Ein UNO-Sprecher teilte in Sarajevo mit, die Blauhelme wären bereit gewesen, sich über den Widerstand der Serben hinwegzusetzen und den seit dem Wochenende geschlossenen Flughafen der Hauptstadt selbst zu öffnen. Wann die Vermittler nach Sarajevo kommen werden, ist unklar. Gestern reisten sie zu Gesprächen mit Kroatiens Präsident Franjo Tudman nach Zagreb.
Unterdessen wird immer deutlicher, daß die bosnischen Serben die von ihnen festgehaltenen ausländischen Geiseln nutzen wollen, um die von der Kontaktgruppe verlangte staatliche Anerkennung Bosniens durch Serbiens Präsidenten Slobodan Milošević zu verhindern. Zumindest bei den Verhandlungen mit der Pariser Regierung über die Freilassung der vor über vier Wochen entführten fünf franzöischen MitarbeiterInnen von „Apotheker ohne Grenzen“ haben die Karadžić-Serben gefordert, Milošević nicht zur Anerkennung Bosniens zu drängen.
Vorletzten Samstag nahmen die Serben in Sarajevo den Mitarbeiter der „Deutsch-Bosnischen Gesellschaft“, Ludwig Kraus, unter dem Vorwurf fest, er sei auf serbisch kontrolliertes Stadtgebiet gefahren. Am Montag letzter Woche entführten sie die VertreterInnen der „Kulturbrücke Schweiz–Sarajevo“, Simon Gerber und Maria Wernle-Matic. Im Unterschied zu früheren Geiselnahmen, in denen die Serben von den Regierungen ihrer Geiseln Lösegeld verlangt hatten, wurden in diesen Fällen keine finanziellen Forderungen erhoben. Bis gestern durften Kraus, Gerber und Wernle-Matic weder von Vertretern der Unprofor und des IKRK noch von Angehörigen ihrer Botschaften besucht werden. Andreas Zumach
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