Borussia Dortmund vor der Bundesligasaison: Klopp jetzt schon Kult im Revier
Dank Jürgen Klopp kann die BVB-Führung mit einem neuen Rekord beim Dauerkartenverkauf rechnen. Der neue Trainer freut sich: Statt Quasseln im ZDF, gibt's wieder Dribbeln auf'm Rasen.
DORTMUND taz Wer in diesen Tagen auf der B1 nach Dortmund fährt, merkt schnell, dass sich in der Revierstadt etwas verändert hat. Es gibt einen Mann, der ein neuer Heilsbringer zu sein scheint. Dabei hat er seinen Job noch gar nicht richtig angefangen. Aber seine Strahlkraft ist so groß, dass allein die Aussicht seines Wirkens schon viel bewirkt hat: „Neuer Trainer – neue Karte“, ist am Straßenrand auf großen, gelben Plakatwänden zu lesen, die das Konterfei eines lachenden Mannes ziert: Jürgen Klopp.
Die Verheißung, dass der Fernsehstar aus Mainz ein Garant für wunderbare Zeiten sein wird, hält die Menschen in den Wochen vor Saisonbeginn auf Trab. Vor der Geschäftsstelle bilden sich seit Tagen lange Schlangen. Über 40.000 Saisontickets sind bereits verkauft, „wir sind zuversichtlich, dass wir eine selbst für unsere Verhältnisse überraschende Zahl erreichen werden“, sagt BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke. Zur Erinnerung: In der vergangenen Saison stellte Borussia Dortmund mit 50.549 verkauften Dauerkarten einen Bundesliga-Rekord auf. Watzke strahlt bei solchen Perspektiven, schließlich darf er es für sich und Sportdirektor Michael Zorc als gelungenen Schachzug verbuchen, ein enorm populäres Zugpferd für die ebenso populäre Marke schwarz-gelb verpflichtet zu haben.
Und Klopp? Der wundert sich über den Aufruhr, den seine Präsenz in der Revierstadt ausgelöst hat. Als Klopp gestern seinen Dienst antrat, prasselte im Presseraum des Dortmunder Stadions ein Blitzlichtgewitter auf ihn ein, an den Scheiben zur Haupttribüne drückten sich Kids die Nasen platt. Am Rand saßen acht neue Spieler und wurden kaum wahrgenommen.
Verunsichert hat Klopp der Rummel um seine Person nicht. Im Gegenteil: Dieser Mann liebt die Bühne und weiß, sich auf ihr stilsicher zu bewegen. Gestern, als der 41-Jährige mit seiner Mannschaft den Trainingsbetrieb aufnahm, verzückte Klopp die Medienvertreter wie schon bei seiner Vorstellung im Mai mit Witz, Charme und Schlagfertigkeit. So berichtete Klopp, er habe das enorme Interesse an der Kartennachfrage von seinem Hotelfenster aus beobachten können und war „kurz davor, den armen Leuten in der Hitze einen Sonnenschirm hinzustellen“.
Auch der gestrige Trainingsauftakt wird den Mann, der sich im beschaulichen Mainz verglichen mit den jetzigen Dimensionen wie in einem Biotop gefühlt haben muss, schwer verwundert haben: 9.000 Zuschauer wollten die Männer in schwarz-gelb und ihren neuen Vorturner bei einer lockeren Laufeinheit beobachten. Erstaunlicherweise befanden sich unter den Kiebitzen auch Fans des FSV Mainz 05, auf deren T-Shirts die Worte „Danke Kloppo“ zu lesen waren. Dass es jetzt los geht und er von der Bregenzer ZDF-Seebühne zurück auf den Rasen wechselt, ist ganz im Sinne des Trainers. „Ich bin froh, dass die Zeit, in der nur über Fußball geredet wurde, jetzt vorbei ist.“ Stattdessen freut sich Klopp auf eine knallharte Vorbereitung, „schließlich muss ich ja nicht mitlaufen“.
Die Dreierkette mit Johannes B. Kerner und Urs Meier ist Geschichte, nun gilt es, beim BVB die Sehnsucht nach rasanten Spielen und vorzeigbaren Resultaten zu stillen. Dass der Star der Trainer ist, auf den sich das gesamte Interesse der Öffentlichkeit fokussiert, bedeutet für den Strahlemann kein Problem. Der Hype werde sich beruhigen, „ich war jetzt ein paar mal im Fernsehen, aber das ist jetzt definitiv vorbei“. Klopp wird nicht an seinen Pressekonferenzen, sondern an den Auftritten seiner Mannschaft gemessen werden.
Wie schon letzte Saison hat die Dortmunder Vereinsführung kein Saisonziel ausgegeben. Vielleicht auch angesichts des Saisonstarts, der „nicht ganz unattraktive Gegner“ bringen wird, wie der neue Trainer weiß. Nach dem Saisonstart in Leverkusen kommt Bayern München, am vierten Spieltag wartet mit dem Revierklassiker gegen Schalke das nächste Highlight. Doch Klopp wäre nicht Klopp, ließe er sich davon schrecken. Dieser Auftakt gefalle ihm richtig gut, hat er grinsend erklärt, für ihn könne es nicht schnell genug losgehen: „In uns tobt eine große Gier, richtig was zu erreichen.“
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