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Boom der ElektroräderUnfallforscher befürchten mehr Tote

Elektroräder werden immer beliebter. Doch bei Crashtests sind sie lebensgefährlich, sagen Unfallforscher. Noch gibt es keine Statistik zu den Gefahren.

Kein gutes Vorbild in Sachen Schnelligkeit: Michael Schumacher auf einem Elektrorad. Bild: dpa

BERLIN taz | Die Elektrofahrrad-Branche erlebt derzeit einen regelrechten Boom. Rund eine Million Räder sollen zum Ende nächsten Jahres über deutsche Straßen rollen, rechnet der Allgemeine Deutsche Fahrradclub (ADFC) aus. Nun diskutiert die Branche, wie die Räder den Verkehr verändern werden.

Mit den Pedelecs erreichen auch unsportliche Radfahrer dank eines zusätzlichen Elektromotors problemlos 25 Kilometer pro Stunde. Die schnelle Variante, auch S-Klasse oder E-Bike genannt, fährt 45. Äußerlich sind sie kaum voneinander zu unterscheiden. Der Boom könnte dazu führen, dass es künftig mehr Tote im Straßenverkehr gibt - das befürchten die Unfallforscher der Versicherer (UDV).

Sie haben Crashtests mit den Rädern durchgeführt und Dummys bei über 40 km/h auf Autos aufprallen lassen. Das Ergebnis: lebensgefährlich. Sie erwarten riskante Überholmanöver. So könnte man in einer Tempo-30-Zone mit dem Rad problemlos Autos überholen. Die Käufer seien meist ältere Menschen, die es nicht gewohnt seien, ein so hohes Tempo zu fahren. UDV und Verkehrswacht fordern darum Helmpflicht für die schnellen Modelle. Die Versicherer fordern für die 45er-Räder mit 500 Watt eine neue Fahrzeugklasse.

Schon heute dürfen die schnellen Modelle nur mit Betriebserlaubnis und Versicherungskennzeichen gefahren werden. Auf Radwegen sind sie verboten. Daran hielten sich aber längst nicht alle, sagte eine Sprecherin des ADFC. Manche würden das Schild einfach abschrauben und dann über den Radweg rasen. Trotzdem hält sie verschärfte Regeln für falsch. Eine Helmpflicht lehnt der ADFC ab. Der Crashtest belege nicht, dass man mit Elektrofahrrädern gefährlicher unterwegs sei. "Mit normalen Rädern würde man doch zum selben Ergebnis kommen", sagte die Sprecherin.

Es lässt sich nicht seriös beantworten, ob mit Elektrofahrrädern tatsächlich mehr Menschen verunglücken. Denn für sie gibt es keine gesonderte Unfallstatistik. Werner Madlencnik betreibt im österreichischen Schladming eine mobile Radfahrschule und gibt auch Trainingskurse für Pedelecs. Er hält es für gefährlich, wenn man sich nicht in Ruhe einfährt.

Der Fahrtrainer kennt die Anfängerfehler: "Die hohe Geschwindigkeit wird oft unterschätzt. Bergab kann man bis zu 60 Stundenkilometer erreichen", sagt er. "Beim Anfahren können die schweren Räder schnell umkippen." Im Moment würden vor allem jene die Räder kaufen, die kaum mobil waren: viele Rentner oder Menschen mit Behinderungen. "Die müssen erst mal lernen, das Rad zu beherrschen", sagt Madlencnik.

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13 Kommentare

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  • M
    MAD

    Mein Vorkommentator Holger Poggel hat sehr schön zusammengefasst was auch mir zum Artikel durch den Kopf gegangen ist.

    Warum schreiben solche Artikel nicht mal Leute die von der Materie Ahnung haben? Oder gibt es die bei der TAZ nicht? Das wäre ja ein echtes Armutszeugnis.

  • HP
    Holger Poggel

    Ich muss den abstrusen Artikel (Elektroräder-Boom macht Probleme) kommentieren.

    Man sollte nicht über Unfallstatistiken spekulieren, wenn es noch keine gibt. Ein routinierter Alltagsfahrer fährt mit einem Pedelec nicht schneller als mit einem Tourenrad, ausser bergauf vielleicht. Ich fahre mit meinem relativ schweren Alltagsrad, meist mit leichten Packtaschen auf freier, ebener Straße meistens zwischen 25 und 35km/h, bei leichtem Gefälle über 40 und bergab über 50km/h. Ich würde mit dem Pedelec also eher langsamer (wegen des Zusatzgewichts). Für ausgesprochene Risikogruppen wie Jugendliche etc. die gerne schnell fahren ("rasen") ist das Pedelec weder cool noch schnell genug. Die angesprochenen "Behinderte und ältere Menschen" sind normalerweise eine riskioarme Gruppe, ich glaube nicht, dass diese plötzlich mehr Unfälle verursachen werden. Denn: ein Pedelec ist psycholgisch nicht mit einem Mofa oder Moped zu vergleichen, man hat eher das Gefühl, man fährt Rad mit Rückenwind. Während es beim Moped vorkommen kann, dass die Hand am Gasdrehgriff in der Schrecksekunde nicht schnell genug reagiert und den Fahrer noch in den Crash katapultiert, muss der Radler immer treten, damit die Motorunterstützung wirkt. Ich kann mir nicht vorstellen, dass es möglich ist, in einen Unfall hinein aktiv zu pedalieren.

    Und zum "bergab bis zu 60 kn/h" - Wahnsinn. Die Pedelecs schalten bei 25km/h ab und sind bergab niemals schneller als normale Fahrräder, die bei längeren Gefällen ohne weiteres auch über 70km/h bergab fahren können. Die ca. 10kg Zusatzgewicht der Elektro-Ausrüstung spielen in diesem Zusammenhang in der Praxis keine Rolle, sie sorgen allenfalls auf kilometerlangen Alpenpässen für eine etwas höhere Geschwindigkeit. so what?

     

    Richtig dagegen: Helm tragen, aber aus psychologischen Gründen eher keine Helmpflicht. Abschaffung der Radwege-Benutzungspflicht, denn die jetzt schon oft unzureichenden Radwege -erst recht die gemeinsamen Fußgänger- und Radwege- sind nicht für eine große Zahl von Radfahrern ausgelegt, die schnell fahren, sondern für Flaneure. Im Urlaub und sonntags flaniere ich gerne, aber nicht auf dem Weg zur Arbeit oder wenn ich es eilig habe.

    Fazit: die Pedelecs, zumindest die bis 25km/h, bleiben Fahrräder. Eine veränderung der Unfallstatistik wird sich vielleicht einstellen, wenn plötzlich sehr viel mehr Menschen radfahren, was aber im Sinne der Politik ist, weil Menschen auf dem Rad gerade mal nicht autofahren, mit allen positiven Folgen.

     

     

    Holger Poggel

    1. Vorsitzender ADFC Siegen-Wittgenstein e.V.

  • C
    Christophorus

    Wenn ich als Cabriofahrer mir vorstelle, dass so ein wildgewordener Rentner auf seinem E-Bike die Vorfahrt nicht beachtet, mir in die Seite knallt und dann mit seinem ganzen Übergewicht in voller Geschwindigkeit auf mich drauf fällt, wird mir ganz schlecht.

     

    Ein derartig gemeingefährliches Fortbewegungsmittel gehört entweder ganz verboten oder per elektronischer Geschwindigkeitsbegrenzung auf Schritt-Tempo gedrosselt! Dann dürfen die auch auf dem Fußweg fahren. Elektrospielzeug hat nichts im Straßenverkehr zu suchen! Das gilt aber auch für konventionelle Fahrräder!

  • V
    vic

    Am Anfang steht der Kauf, und nicht jeder hat ein Einkommen wie Herr Schumacher.

  • B
    Bela

    RADFAHREN VERBIETEN!!!

     

    Ich als leidenschaftlicher Fußgänger und ÖPNV Benutzer kann nur immer wieder sagen, dass Fahrräder im öffentlichen Verkehr nichts, aber auch GAR NICHTS zu suchen haben! Sie sind rücksichtslos, gefährden Fußgänger und den Nahverkehr, ein Grauen wartend im Bus hinter so einen dämlichen Radfahrer hinterher zu zuckeln, an Kreuzungen, auf Fußwegen oder beim überqueren der Straße von so einem wildgewordenen Zweiradjunkie angefahren zu werden. Schlimmer aber sind noch die, die sich mit ihrem Schei***gefährt von Fahrrad sich bei dichtestem Berufsverkehr in die öffentlichen Nahverkehrsmittel quetschen ohne Rücksicht auf Verluste. Nein es muss endgültig Schluss sein mit dieser, man kann es nur noch als asozial bezeichnen, Art der Fortbewegung. Und da ist es mir egal, ob Elektro- oder per Pedes, Fahrräder gehören aus dem öffentlichen Raum verbannt!!!

  • TA
    Tutnichtszurs Ache

    UnFlattr: (X)

  • GB
    Georg Berlin

    ... was ist anders als beim Moped - auch gefährlich, auch verbieten?

     

    Gefährlich sind die Dinger für Fußgänger, weil man sie nicht hört, wie Elektroautos. Und für die Ökobilanz (!), der im Akku gespeicherte Strom braucht ein vielfaches an Basisenergie ...

  • AB
    Andi Buchner

    Kaum gibt es etwas Neues auf der Welt kommt schon ein deutscher Vollpfosten ("Experte") unter einem Stein hervorgekrochen und fordert irgendein Gesetz.

  • B
    Buuuhuuu

    So 'n Käse. Mit jedem Rad kann man begab 60 fahren und wenn man reintritt kommt man auf 40. Ist halt anstrengender. Ältere Menschen sollten allerdings tatsächlich erst mal ein Fahrtraining machen, bevor sie loslegen. Aber ab wo zählt "älter.."??

  • B
    bikette

    @Klaus Schulz

     

    Schön wärs, wenn die Autofahrer umsteigen würden. Aber davon sind wir leider weit entfernt. Erst neulich hat mich ein Autofahrer am Radweg abgedrängt und dabei fies gelacht, einfach nur so, um zu zeigen, dass er am Drücker ist mit seinem Metallgefährt und was er von mir als armen Radfahrer hält. Chauvinismus pur. Dafür wurden ja nun auch Milliarden an Werbegeldern ausgegeben, um die Sau im Autofahrer zu wecken. So schnell kriegen Stadt- und Landplaner das Schwein nicht aus den stinkenden Kisten raus.

     

    Mofas gibts ja immer schon. Ob die nun mit Benzin oder mit Elektro fahren: Ist doch egal. Ein ordentlicher Radler will was wegtreten und mit eigener Körperkraft beschleunigen. Wer das nicht mehr kann, siehe Artikel, greift halt zum elektrischen Vehikel. Für Mofas mußte man doch auch einen Führerschein machen, oder? Mit Boulevard hat das doch gar nichts zu tun.

  • E
    Elvenpath

    Aufklärung und Fahrkurse sind hier die richtige Methode. Restriktionen sind (wie meist) der falsche Weg.

    Man sollte die Chancen, statt die Gefahren in den Vordergrund stellen.

  • B
    Boris

    Zum Glück fahre ich einen SUV, so kann mir nichts passieren wenn so ein Elektrobike in mich rein fährt.

  • KS
    Klaus Schulz

    Mir wuerde es gut gefallen, wenn ich auch die Moeglichkeit haette, mein Missfallen ueber einen Artikel ausdruecken zu koennen. (e.g. TAZ zahl ich nicht...) Ich koennte mir vorstellen, dass es dem Redakteur auch weiterhelfen wuerde. Zum Artikel; Unfallforscher (= Experten ?) befuerchten wieder mal was. Ich moechte solch unausgegorene Artikel nicht in der TAZ lesen. Lassen Sie das doch im/dem "Neuen Blatt" oder aehnlichem Boulevard als Alleinstellungsmerkmal. Mit jedem normalen Rad kommen sie ebenfalls ohne grosse Anstrengung auf ueber 25 km/h. Oder steigen die Radfahrer neuerdings bei Gefaellstrecken vom Rad ?! Was soll dieser unausgegorene Mist in der Presse ?! Ich wage zu behaupten, dass es weniger Tote und Verletzte beim Umstieg vom Auto aufs Rad geben wird. Wir muessten nur endlich dafuer sorgen, dass die Bedingungen fuer Radfahrer und aehnlich sanfter Mobilitaet verbessert wuerden. Stadt- und Landplaner aufgepasst.