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Bonner Hilfe für China

■ Bonn gibt Peking wieder großzügige Entwicklungshilfe/ Keine Verknüpfung mit der Menschenrechtssituation in der Volksrepublik

Bonn/Peking (dpa/taz) — Die Prozesse gegen die Führer der niedergeschlagenen Demokratiebewegung vom Juni 1989 in Peking stehen kurz bevor — doch Bonn sendet an Peking freundliche Signale. Die Bundesregierung hat eineinhalb Jahre nach dem Pekinger Massaker der chinesischen Regierung an protestierenden StudentInnen wieder eine großzügige Entwicklungshilfe zur Verfügung gestellt.

Beide Seiten unterzeichneten am Freitag in Peking eine Regierungsvereinbarung, nach der Bonn dem Regime rückwirkend noch für das laufende Jahr 1990 ein zinsgünstiges Kapitalhilfedarlehen von 220 Millionen Mark und eine rein „technische Hilfe“ von 65 Millionen Mark bewilligt. China gehört damit weiter zu den Ländern, die vom Bonner Bundesministerium für Wirtschaftliche Zusammenarbeit (BMZ) die höchsten Zuwendungen für ihre Entwicklung erhalten.

Die Entwicklungshilfe war nach der blutigen Niederschlagung der Demokratiebewegung in Peking im Juni 1989 auf Eis gelegt worden. Der Bundestag hatte Ende Oktober dieses Jahres gegen den Widerstand der Oppositionsparteien die Aufhebung der Sperre beschlossen. Der Betrag für das Jahr 1990 entspricht in der Höhe der inzwischen ebenfalls freigewordenen Hilfe für 1989, die durch zusätzliche 460 Millionen Mark für den U-Bahn-Bau in Schanghai noch beträchtlich aufgestockt worden war.

Weder der Bundestagsbeschluß noch die dadurch jetzt ermöglichte Pekinger Vereinbarung verknüpfen die wirtschaftliche Zusammenarbeit Bonns mit China konkret mit dem Schicksal der politischen Häftlinge, die nach dem Massaker verhaftet worden waren und gegen die nun zum Teil Beschuldigungen der „Konterrevolution“ erhoben und auch schon erste Verfahren eingeleitet worden sind. Den Familien einiger Häftlinge wurden jüngst die Anklageschriften zugestellt. Nach offiziellen Angaben sind derzeit 355 Personen in Zusammenhang mit der Demokratiebewegung in Haft. Die Anschuldigungen lauten auf „Anzettelung und Beteiligung am Aufruhr“, „konterrevolutionäre Aktivitäten“ oder „Versuch des Umsturzes“. Die letzten beiden Delikte können mit der Todesstrafe geahndet werden.

Wie Staatssekretär Siegfried Lengl in Peking sagte, habe er die Frage der Menschenrechte angesprochen und deutlich gemacht, daß sie „für uns einen sehr hohen Stellenwert“ haben. Lengl sagte, er habe schon vorher in Bonn von chinesischer Seite gehört, daß mit den Studenten „sehr milde“ verfahren werde und sie „gar nicht mehr vor Gericht gestellt würden“.

Von deutscher Seite hieß es, daß bei den konkreten Verhandlungen um die Projekte, die mit Bonnern Geldern gefördert werden sollen, einigen chinesischen Wünschen nicht entsprochen worden sei. Gemäß dem Bundestagsbeschluß sei das Schwergewicht der Hilfe auf Projekte gelegt worden, die unmittelbar den Menschen zugute kommen, die Umwelt verbessern und zu Reformen beitragen. So seien Projekte wie die Restaurierung von Kohlekraftwerken, die Verbesserung der Müllentsorgung in Peking und berufliche Bildung aufgenommen worden.

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