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Bonn stellt sich stur

■ Regierung: Staatsvertrag kann nur angenommen oder abgelehnt werden / Ost-CDU äußert sich über West-SPD „entsetzt“

Bonn/Berlin/München (dpa/ap) Der Staatsvertrag zwischen der Bundesrepublik und der Deutschen Demokratischen Republik in der vorliegenden Form kann nach Bonner Regierungseinschätzung von Bundestag und Bundesrat nur angenommen oder abgelehnt werden. Im Kanzleramt wurde gestern darauf verwiesen, daß inhaltliche Veränderungen im Verfahren zur Ratifizierung von ausgehandelten Verträgen zwischen zwei Staaten nicht möglich seien. Der Vertragsentwurf könne allenfalls zurückgezogen und neu mit der DDR verhandelt werden, hieß es.

Daran denkt in der Bundesregierung allerdings niemand. Die Diskussion in der SPD um Nachbesserungen des Staatsvertrages zur Wirtschafts-, Währungs- und Sozialunion mit der DDR wird von der Bonner Regierungsspitze mit Zurückhaltung betrachtet. Inhaltliche Forderungen der SPD - etwa gegen den Umtausch von Stasi-Guthaben in D-Mark - könnten in Form von zusätzlichen bilateralen Vereinbarungen mit der DDR erfüllt werden, wird im Kanzleramt betont.

Der bayerische Ministerpräsident Max Streibl hat der SPD „schäbiges Taktieren“ um den Staatsvertrag vorgeworfen. Die Sozialdemokraten versagten aus eigensüchtigem Macht- und Parteikalkül in dieser „historischen Stunde“, sagte der CSU -Politiker am Montag in München. „Wer diesen Staatsvertrag jetzt in Frage stellt, macht alles zu Lasten der Bürger in der Bundesrepublik noch teurer, riskiert eine Verschlechterung der weltpolitischen Grundlagen für die Einheit Deutschlands und schadet damit allen Deutschen“, grummelte der bayerische Ministerpräsident.

Die DDR-CDU hat am Montag ihre Zustimmung zum Staatsvertrag mit der Bundesrepublik bekräftigt und die Bonner Sozialdemokraten davor gewarnt, mit einer Ablehnung „die Chance zur deutschen Einheit aufs Spiel“ zu setzen. Auf einer Sitzung in Ost-Berlin äußerte sich das CDU-Präsidium am Montag „bestürzt“ über die Diskussion in der SPD in der Bundesrepublik. Nachbesserungen am Staatsvertrag lehnte Generalsekretär Martin Kirchner ab.

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