: Bonn hilft der Hafenstraße
■ Landgericht: Ausgang der Räumungsprozesse offen
„Nach Inkrafttreten des Paragraph 594a müssen wir neu entscheiden. Ohne Zweifel haben wir eine neue Rechtslage.“ Deutliche Worte fand gestern morgen in der zweiten Staffel der Hafenstraßenprozesse Uta Bordt, die Vorsitzende der mit vier Richterinnen besetzten Zivilkammer 34. Im Klartext: Der Ausgang der Räumungsverfahren ist derzeit wieder offen.
Nach taz-Informationen wird der Rechtsstreit gerichtsintern in den kommenden vier Wochen nochmals grundsätzlich aufgerollt. Bekanntlich hatten im vorigen Jahr neun von elf Amtsgerichten die Räumungsklagen der stadtstaatlichen Hafenrand GmbH gegen 100 BewohnerInnen unter dem Hinweis abgewiesen, daß das Bundesverfassungsgericht (BVG) im Juli 1991 per Urteil Untermietern bei Kündigung von gewerblichen Zwischenmietverträgen (“Bauherrenmodell“) weitreichenden Kündigungsschutz eingeräumt hat.
In der zweiten Instanz wollten zwei von drei Landgerichten dem Mehrheitsvotum der Amtsgerichte folgen, lediglich die Bordt-Kammer war der Auffassung, daß die HafensträßlerInnen durch den Verfassungsspruch nicht geschützt seien. Und so wurde der Rechtsstreit dem Oberlandesgericht zum Rechtsentscheid vorgelegt. Dieses Gericht urteile wiederum, daß der „Pachtvertrag Hafenstraße“ nicht vom „Bauherrenmodell-Urteil“ erfaßt werde.
Obwohl die Landgerichte eigentlich an dieses Votum gebunden sind, ist eine neue Lage entstanden. Am 1. September 1993 ist nämich der Paragraph 594a Bürgerliches Gesetzbuch in Kraft getreten. Diese Gesetzesnorm umfaßt nun Mieterschutz für alle gewerblichen Zwischenmietvertrage. Bordt zur neuen Rechtslage: „Wir sind da noch nicht abschließend zu einer Meinung gekommen, die wir hier kundtun können“. Im Klartext: Wenn am 2. November auch bei der dritten Kammer die Neuauflage der Verfahren beginnt, werden alle drei Gerichte gemeinsam in Klausur gehen, um zu entscheiden, ob sie dem OLG oder den Vorgaben aus Bonn und Karlsruhe folgen werden.
In einem Punkt sind sich aber alle Prozeßbeteiligten einig: Die drei Kammern werden einen einheitlichen Spruch fällen. kva
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