Bonn-apart: Zu lang, zu breit zu rutschig
■ Die Abgeordneten-Bar und der Haushaltsausschuß
Bonn (taz) – Zu den Bonner Gremien, die normalerweise ohne größere publizistische Begleitung auskommen müssen, zählt die Restaurant-Kommission des Deutschen Bundestages.
Jawohl, die Restaurant-Kommission. Ihre Vorsitzende ist die rheinland-pfälzische SPD-Abgeordnete Gudrun Weyel, und ihre Tätigkeit besteht darin, über die Restaurationsbetriebe zu wachen, die sich in den Gebäuden des Deutschen Bundestages befinden.
Im verborgenen arbeitende Gremien müssen mit dem Schicksal leben, daß über ihre Tätigkeit allerlei Verleumdungen verbreitet werden. Der Restaurant-Kommission beispielsweise wurde dieser Tage unterstellt, sie wolle für einen Umbau des Restaurants und der Bar im neuen Plenarsaal 850.000 Mark ausgeben. Dreiste Lügen!
In Wahrheit hatte die Kommission einen Umbau verlangt, der lediglich 300.000 Mark verschlungen hätte. Und selbst diese vergleichsweise nichtige Aufstockung der 256-Millionen- Summe, die der neue Plenarsaal insgesamt kostet, wurde vom Haushaltsausschuß abgelehnt.
Er genehmigte nur 18.400 Mark für eine Schiebetür. Dies, obwohl ein Umbau der Bar dringend nötig gewesen wäre. „Die Theke ist viel zu breit“, weiß der Vorsitzende des Haushaltsausschusses, Rudi Walther (SPD). „Da kommt keine Kellnerin ran.“ Außerdem sei der Tresen „so rutschig, da fällt jedes Glas runter“. Und drittens sei er „viel zu lang“.
Die Arbeit vieler Abgeordneter wird durch diese Mängel weitaus stärker behindert als durch die nicht funktionierende Mikrofonanlage im neuen Parlamentsgebäude. Gibt es doch, so sagt es der SPD-Abgeordnete Peter Conradi, „eine Reihe von Journalisten und Abgeordneten, die einen wesentlichen Teil ihrer Tätigkeit in der Bar abwickeln“.
Als Sprecher dieser fraktionsübergreifenden Parlamentariergruppe gilt der FDP-Abgeordnete Detlef Kleinert. Kleinert, wissen seine Kollegen, „wirkt da immer mit“, wenn es um die Gestaltung des Tresens geht. Schon in der Planungsphase hatte er sich mit einem kleineren Änderungswunsch zu Wort gemeldet. Der Architekt wollte eine gerade Theke, Kleinert einen runden Tresen: Sehen und gesehen werden sei nun mal das A und O bei der parlamentarischen Tätigkeit an der Bar. Jetzt ist der Tresen rund. Aber eben auch viel zu rutschig, zu breit und zu lang.
Der Restaurant-Kommission gehört Kleinert übrigens nicht an. Ist auch nicht nötig. Bestimmt er doch auch die Rechtspolitik seiner Partei, ohne jemals Justizminister gewesen zu sein. Ein ehernes Gesetz des Bonner Parlamentsbetriebes: Auf die Arbeit eines Gremiums nimmt man nur dann wirklich Einfluß, wenn man ihm nicht angehört. Erst hinterher, in der Kneipe, da sollte man auf alle Fälle dabeisein. Hans-Martin Tillack
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