■ Bonn-apart: Pilgernde Soldaten
Darüber, wo Bundeswehrsoldaten im Einsatz sein sollen, wird seit Monaten öffentlich gestritten. Wenn in Belet Huen an einem deutschen Knobelbecher ein Schnürsenkel reißt, finden sich Kameramänner, die das Ereignis dokumentieren, und Journalisten, die Schlagzeilen dazu fertigen. Weniger Aufmerksamkeit findet ein anderer Auslandseinsatz deutscher Militärs: Die Bundeswehr pilgert regelmäßig nach Lourdes und bemüht sich dort um den Beistand höherer Mächte als der Nato – ganz offiziell und gut organisiert.
In einer Grotte des Pyrenäenorts Lourdes hatte das Hirtenmädchen Bernadette im vorigen Jahrhundert 18 Marienerscheinungen – sie wurde heiliggesprochen. Daß die heilige Bernadette seit 1958 der Bundeswehr bei der Erfüllung ihres Friedensauftrags hilft, hat nun die Abgeordnete Ingrid Köppe von der Fraktion Bündnis 90/Grüne herausgefunden. Sie entdeckte im Haushaltsentwurf einen Vermerk, wonach beim Transport mit „Luftfahrzeugen der Bundeswehr nach Lourdes“ auf die Erstattung von Kosten teilweise verzichtet werden kann. Also wollte sie wissen, wer pilgert und wieviel der Wallflug kostet.
Einen Hinweis auf die heilige Bernadette sucht man vergebens in der Antwort des Parlamentarischen Staatssekretärs im Verteidigungsministerium. Die Begründung für die Teilnahme und den Transport lautet schlicht: Die Internationale Soldatenwallfahrt „dient dem Dienst am Frieden und leistet einen Beitrag zur Völkerverständigung“.
Warum die Pilger nicht brav in die Bahn steigen, sondern unbedingt fliegen müssen, hat für den Staatssekretär seinen guten Grund. Da sind zum einen die schwerkranken Wallfahrer, die nur liegend oder in Rollstühlen transportiert werden können. Aber da sind auch noch die Militärbischöfe, Staatssekretäre und Abgeordneten. Und diese wichtigen Menschen können natürlich nur mitpilgern, wenn sie nicht zuviel Zeit verlieren.
Bezahlt wird der Pilgerflug nach Lourdes aus der Bundeskasse – und das soll sich auch in Zeiten nicht ändern, in denen eisern gespart wird. Das „dringende Bundes(wehr)-Interesse“ Lourdes kostete den Steuerzahler im laufenden Jahr bereits 384.438 Mark und 30 Pfennige. Für den Einsatz der Luftwaffe hat das Verteidigungsministerium schließlich noch ein Argument parat: Die Flüge nach Lourdes dienen angeblich auch dem „Ausbildungsinteresse“. Mit der Begründung lassen sich auch Politikerkinder in den Urlaub fliegen. Hans Monath
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