■ Bonn apart: Mehr Sex mit Stollmann
Ach, wie wäre es in diesen Tagen schön, Amerikaner zu sein! Dort gibt es keinen Wahlkampf und doch Unterhaltung. Bewundernswert, dieser Umgang der Amerikaner mit der Politik. Alles ist Sex: selbst eine Nase und ein Abendkleid.
In Deutschland zeigen Plakate unter dem Label „Weltklasse“ dagegen einen griesgrämigen, schwergewichtigen Kanzler, der geschlechtslos wie ein Amboß inmitten des deutschlandfahnenschwingenden Volkes steht. Schäuble wirft Schröder vor, eine „taube Nuß“ zu sein, und Waigel bezeichnet Schröder als „tote Hose“: eine konzertierte Aktion, um Schröder seine Kinderlosigkeit vorzuhalten. Gemein. Wie anregend sind demgegenüber die amerikanischen Spiele im Internet, bei denen etwa auf das Lewinsky-Abendkleid virtuelle Spermaspuren projiziert werden können.
Hoffnung verspricht allein der designierte Wirtschaftsminister Jost Stollmann, der in der Bild- Hitparade der erotischsten Männer Deutschlands unerklärlicherweise nicht berücksichtigt ist. Vielleicht, weil er für einen Amerikaner gehalten wird. „I did it my way“, sang Frank Sinatra. Jost Stollmann spricht „von dem dritten Weg für Deutschland“ und meint den unternehmerischen und politischen Weg der Liebe und der Vereinigung über die Ländergrenzen hinweg.
„Jetzt ist es Zeit, sich in Position zu bringen“, schwärmt er, „und neue Verbindungen mit Asien und dem Rest der Welt einzugehen.“ Endlich ist da einer, der Leidenschaft entfacht: „Ich möchte die Lust und Bewunderung unternehmerischen Erfolges in den Augen der jungen Menschen sehen.“
Ach Jost, wie du da stehst, mit deinem amerikanischen Bubischnitt, den glänzenden Augen, der rosa Gesichtshaut und Sätze hinausstößt wie: „Ich möchte den Stolz der Eltern spüren, deren Söhne und Töchter sich tatenvoll in das Abenteuer Selbständigkeit stürzen“, da knistert es vor Sex, da wollen wir alle mittun, eine neue Jugend zu gebären. Und natürlich wollen wir dabei alle deinen Leitsatz beherzigen: „Be the best you can be.“ Markus Franz
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