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Bolivianisches Essen-LieferserviceSonntag ist Salteñas-Tag

Süß, herzhaft und etwas scharf: Luis und Luis kochen bolivianisch in Berlin. Ihre Erdnusssuppe, Cuñapés und Empanadas schmecken nach Heimat.

Verbreiten bolivianische Esskultur in Berlin: Luis Caballero (rechts) und Luis Yariguay Foto: Nora Börding

Was ist außen knusprig, hat ein Herz aus Käse, schmeckt ein bisschen sandig, quietscht dezent und löst sich im Mund auf? Die Antwort: Cuñapés, Käsebällchen aus Maniokstärke. In Bolivien findet man sie überall und jederzeit, als Frühstück zum Kaffee, als Snack zu Erfrischungsgetränken oder als Vorspeise. Gut passen Cuñapés außerdem zu einer bolivianischen Erdnusssuppe, die mit Hähnchenbrust, Nudeln und Kartoffeln zubereitet und mit frittierten Kartoffelstreifen als Topping serviert wird.

Auch wenn die Suppe in dem südamerikanischen Land als Feiertagsgericht gilt, prägt eine andere Spezialität die Sonntage noch mehr – Salteñas, die Empanadas bolivianischer Art, aus einem mit Annatto gelbgefärbten Teig. Gefüllt mit einem saftigen Fleischeintopf schmecken die Teigtaschen süß und herzhaft, etwas scharf, einzigartig. Sie werden im ganzen Land von allen Alters- und Gesellschaftsschichten geliebt. Am besten serviert man sie sehr heiß, und dabei mit ihrem rötlichen Saft zu kleckern gehört zur Tradition.

„Das Sonntagshemd ist schnell nicht mehr makellos“, sagt Luis Caballero. „Meine Familie war sehr katholisch und die Salteñas waren für mich als Kind eine Belohnung, wenn ich die zweistündige Messe in der Kirche des Dorfes aushalten konnte“, erzählt der 32-jährige aus Chuquisaca und lacht.

Seit dreizehn Jahren lebt der gelernte Gastronom in Berlin, und seit diesem Frühjahr versucht er, den Menschen hier mit den Salteñas, den Cuñapés und der Erdnusssuppe „einen Teil der bolivianischen Esskultur näherzubringen“. Und zwar bis zur Haustür: Zusammen mit Luis Yariguay, 28, der aus Cochabamba stammt, vor drei Jahren nach Berlin gezogen ist und Management studiert hat, baut Caballero einen Lieferservice für bolivianische Gerichte auf. „Mikuy“ haben Caballero und Yariguay ihr Projekt genannt, ein Wort auf Quechua, das Gast­ge­be­r*in­nen ihren Gästen sagen und so viel bedeutet wie „Fühle dich willkommen und genieße das Mahl“.

Viele biografische Gemeinsamkeiten

Zusammengebracht hatte Luis und Luis ein gemeinsamer Freund. Die beiden entdeckten bald weitere biografische Gemeinsamkeiten: Caballeros Großmutter war Bäckerin, Yariguays Großmutter Köchin. Beide Frauen bereiteten stundenlang Salteñas für ganze Familien zu und verkauften sie auch. Caballero und Yariguay durften ihren Omas zugucken und sich an der Küchenarbeit beteiligen, was ungewöhnlich war angesichts der eher traditionellen Rollenverteilung zwischen Mann und Frau in Bolivien. Caballero lernte von seinem Vater, Kartoffeln zu schälen, und Luis Yariguay kochte schon als Jugendlicher mit seiner Mutter. Noch heute bekommt er viele Tipps von ihr.

Schließlich kamen die beiden Männer zum Studieren nach Berlin und blieben, weil sie sich in der Stadt verliebt hatten – allerdings nicht in ihre Gastronomie. „Obwohl ich nicht extrem scharf esse, fehlt mir hier schon die Vielfalt der Schärfe“, sagt Caballero. Yariguay denkt wehmütig an das Streetfood aus seiner Heimat zurück. „Auf Straßenmärkten, in Imbissen, an jeder Ecke wird rund um die Uhr Essbares verkauft. Zwischen zwei Mahlzeiten haben wir mindestens noch einen Snack“, sagt er.

„Die bolivianische Küche macht satt und hat Charakter“, sagt Luis Caballero. Ein Eintopf als Frühstück um sechs Uhr morgens zu bekommen sei ebenso möglich wie Zimteis mit einer Käse-Empanada zu kombinieren. In La Paz, einer Stadt in Bolivien, ist der „Anticucho“ mit Rinderherz der König der lokalen Gerichte, und gegen einen Kater hilft die traditionelle „Caldo de Cardán“, eine dicke Brühe mit Stierpenis als Hauptzutat.

Wenn es darum geht, Neues auszuprobieren, findet Caballero allerdings die Ber­li­ne­r*in­nen offener als die Bo­livi­aner*in­nen. Er schätzt außerdem ihre bewusste Art und Weise, sich zu ernähren. „Eine vegane Salteña zum Beispiel würde in Bolivien nicht funktionieren“, sagt er.

Goldgelb und lecker:Salteñas, die bolivianischen Empanadas Foto: Nora Börding

Bei Mikuy werden deshalb die drei typischsten bolivianischen Streetfood-Gerichte den Bedürfnissen des lokalen Publikums angepasst: Die Salteñas und die Erdnusssuppe können auch als vegetarische Version mit Tofu bestellt werden, die Cuñapés sind glutenfrei. Auch an nachhaltige Verpackung haben Caballero und Yariguay gedacht.

Männer mit Tupperdosen stehen Schlange

An den Sonntagen, den Salteña-Tagen, wird aus dem Lieferservice ein sozialer Treffpunkt. Denn an diesem Tag zieht Mikuy in Luis Caballeros Bistro, das er im Berliner Randbezirk Nikolassee betreibt: Alle drei Speisen werden vor Ort zubereitet und mit hausgemachter scharfer Soße angeboten. Und so bildet sich jeder Sonntagvormittag vor dem kleinen Lokal neben der S-Bahn-Station eine Schlange, vorwiegend aus Männern mit Tupperdosen in der Hand.

Viele von ihnen, aber nicht alle, stammen aus der kleinen bolivianischen Community Berlins und sind extra aus anderen Stadtteilen gekommen, um ihre vorbestellten Salteñas abzuholen. Luis Caballero begrüßt alle Gäste persönlich. Viele der Kunden seien mit ihnen befreundet oder bekannt, denn Mikuy lebe vor allem von Mund-zu-Mund-Propaganda, erzählt Luis Yariguay.

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Während die Teigtaschen noch im Ofen golden werden, bekommen manche der Wartenden eine Erdnusssuppe. Im Winter soll es auch das traditionelle bolivianische Heißgetränk Api geben, aus Maispulver, Zimt, Nelken und anderen Zutaten. Und auch Ideen für berlinisch-bolivianisches Fusionfood haben Caballero und Yariguay im Kopf, etwa Salteñas aus Currywurst oder Cuñapé mit Sucuk.

Irgendwann sind alle Tische auf der Terrasse und auch drin besetzt. Alle Anwesenden duzen sich und reden durcheinander, Kinder laufen herum und drei ältere, schick gekleidete Herren setzen sich in die Sonne und spielen sich mit dem Handy gegenseitig bolivianische Volkslieder vor. „Fast wie ein Sonntag in La Paz“, sagt einer von ihnen. Dann kommt eine neue Runde Salteñas aus dem Ofen und es gibt Applaus.

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1 Kommentar

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  • "Wenn es darum geht, Neues auszuprobieren, findet Caballero allerdings die Berliner*innen offener als die Bo­livi­aner*in­nen." heißt es im Artikel. Verständlich, dass Herr Caballero der lokalen Presse nette Sachen über die Bewohner der Stadt sagt, in der er seinen Lieferservice betreibt. Aber nur ein paar Sätze später kommt das hier: "Bei Mikuy werden deshalb die drei typischsten bolivianischen Streetfood-Gerichte den Bedürfnissen des lokalen Publikums angepasst: Die Salteñas und die Erdnusssuppe können auch als vegetarische Version mit Tofu bestellt werden, die Cuñapés sind glutenfrei." Wenn es um ihre First-World-Ernährungsmoden geht, ist es anscheinend mit der "Offenheit" eines erheblichen Teils der Berliner Kundschaft schnell vorbei. Nach dem Motto "Typische bolivianische Küche, gern, aber bitte mit Tofu."