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Bohrer für dicke Bretter

■ Bremer Verwaltung soll bürgerfreundlicher werden

“Das sind ganz dicke Bretter, aber wenigstens haben wir jetzt den Bohrer gefunden. Und wir sind reingekommen.“ Henning Lühr von der Senatskommission für das Personalwesen ist stolz. Gestern hat er zusammen mit Finanzsenator Manfred Fluß ein Konzept für die Umstrukturierung der Bremer Verwaltung vorgelegt, für eine tiefgreifende Reform, an deren Ende die Behörden effizienter und bürgerfreundlicher sein sollen, und nicht teurer als bisher. Eine Herkulesaufgabe, für die der Senat Ende April grünes Licht gegeben hat.

Bremen will eine Modernisierung nachvollziehen, die in vielen Großunternehmen schon seit Jahren stattfindet. Daimler Benz beispielsweise hat eine ganze Managementebene eliminiert und so manche Cheffunktion zugunsten von Teamarbeit geschleift. Ein wesentliches Prinzip: Mehr Verantwortung nach unten, „Abflachung der Hierarchien“. Da hat sich die Verwaltung modernes Management abgeguckt. „Dabei hat es Mercedes noch vergleichsweise leicht. Die bauen nur Autos. Aber wir sind ein Konzern mit 1.500 Produkten, von der Steuererklärung bis zum Knast.“ Ganz neue Töne aus der Verwaltung: Der „Konzern“, das ist Bremen.

Stolperschwellen allerorten, beispielsweise bei den Veränderungen in den Hierarchien: Welche AbteilungsleiterIn gibt schon gerne Kompetenzen nach unten? Wenn eine überflüssige Verwaltungsebene gestrichen werden soll, wie paßt das in den Tarifvertrag? „Natürlich geht das nicht auf einmal“, bremst Lühr. Es sei noch reichlich Überzeugungsarbeit nötig, und Beispiele müssen gebracht werden. Die sollen kommen. Der Umweltsenator, das Statistische Landesamt und die Stadtbibliothek wollen vorangehen und die neuen Prinzipien ausprobieren.

Dann werden möglicherweise auch die BürgerInnen die ersten Veränderungen merken. Denn ganz oben auf der Prinzipienliste steht die „Kundenfreundlichkeit“. Nicht mehr die BürgerInnen sollen sich auf die undurchsichtigen Ämterstrukturen einstellen müssen, sondern die Ämter auf die Bedürfnisse der BürgerInnen. Konkret heißt das, wer einen Antrag beim Bauordnungsamt stellt, muß mit einer klaren Auskunft aus der Amtsstube herauskommen, wann der Antrag zu Ende bearbeitet ist.

Daß die Ämter das hinkriegen, dafür legt die SKP jetzt ein umfangreiches Qualifizierungsprogramm für Führungskräfte auf. Vom Kapitalismus lernen, heißt Siegen lernen. Denn ab dem Sommer können Leitungskräfte aus der Verwaltung beispielsweise ein Fernstudium zu „Grundlagen der Betriebswirtschaft“ belegen. Das macht der Mischkonzern Bremen in Kooperation mit – der Deutschen Bank und IBM. J.G.

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