: Böse Mädchen kommen überall hin
■ Das Mädchenkulturhaus im Ostertor ist fast fertig: "Total groß, rosa und bunt"
Böse Mädchen kommen überall hin
Das Mädchenkulturhaus im Ostertor ist fast fertig: „Total groß, rosa und bunt!“
Coco Lihl und Karin Dölling, die elder ladies im MädchenkulturhausFoto: Vankann
„Brave Mädchen kommen in den Himmel — böse Mädchen kommen überall hin“ haben sie sich an die Tür geschrieben, die Mädchen vom neuen Mädchenkulturhaus im Ostertorviertel. Böse wollen sie
sein, weil sie eben überall hinwollen — Himmel inklusive. Und weil das Bösesein gemeinsam viel leichter geht, möchten die Mädchen ein Haus — ihr Haus, wo sie sich treffen, spielen, tanzen, reden
können — lauter böse Dinge tun. „Total groß, rosa, bunt, schwarz, weiß, mit vielen Graffitis“ soll es sein und „viele, viele Räume“ haben.
Das Mädchenkulturhaus ist so ein Haus geworden; es steht mitten in Bremens Zentrum, in der einst besetzten und hart umkämpften Heinrichstraße im Ostertor. Der Jugendverband „Bund Deutscher PfadfinderInnen“ (bdp) hat das Haus im Szeneviertel gemietet und zusammen mit dem „Verein für ökologisches Bauen und kommunikatives Wohnen“ saniert. Es ist jetzt fast fertig, hat eine Regenwassersammelanlage, ein Gründach, eine Solaranlage für Brauchwasser, viel Holz und bunte Flaschen in den Lehmwän-den — und die Mädchen haben ihm auch schon ein paar Sterne an die Außenwand gemalt.
Ursprünglich war vom bdp geplant gewesen, hier ein gemischtes Jugendkulturhaus unterzubringen, doch dann wurde beschlossen, einem Projekt in der Mädchenarbeit den Vorrang zu geben. „Da die Mädchen in der 'normalen' Jugendarbeit immer untergehen, war uns wichtig, ihnen mit einem ganzen Haus viel mehr Bedeutung als sonst üblich zu geben.“ Karin Dölling hat zusammen mit Coco Lihl das erste Programm des neuen Mädchenkulturhauses gestaltet, das bereits im März gestartet wurde: Es gibt feste Gruppen und Kurse wie die Zeitungswerkstatt, die Kunsthandwerkstatt, die internationale Theatergruppe, die lesbische Mädchengruppe (die sich bei den „Gewitterziegen“ trifft), Afrikanischen Tanz und Tagebuch-Malen. Es gibt Wochenendseminare zu den Themen „Anti-Rassismus“, „Bilder, die ich bin“, „Jetzt sag ich, was ich denke“ und „Türkische Mädchen in der BRD“. Absolute Renner sind die Wen-Do-Selbstverteidigungskurse.
„Wir könnten noch so vieles anbieten, etwa einen Video- oder Computer-Kurs, der Bedarf dafür ist sehr groß, aber leider fehlt uns dazu die Perspektive.“ Karin Dölling und Coco Lihl haben beide befristete Arbeitsverträge, die noch in diesem Jahr auslaufen sollen.
Die zwei Pädagoginnen haben trotzdem das ganze Haus erstmal in Gang gebracht, haben mit den Mädchen die großen, hellen Räume ausgestattet, haben einen Kuschelraum ganz in gelb eingerichtet und überhaupt streng nach dem Prinzip des Baustoff-Recyclings alle möglichen Teile in ihr Haus geschleppt.
Im hausinternen Mädchen- Cafe im Erdgeschoß stehen jetzt zwei alte Säulen aus dem Bürgerpark. Hier ist montags und donnerstags der offene Treffpunkt für alle Mädchen und junge Frauen von 7 bis 16 Jahren. Exklusiv, so wie sich die Mädchen das gewünscht hatten.
Silvia Plahl
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