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Bodenschutz-Kommission"Kein weiterer Hektar Fläche"

Das Umweltbundesamt fordert, den Flächenverbrauch einzuschränken. Ähnlich dem Handel mit Kohlenstoffzertifikaten sollen Flächenausweisrechte eingeführt werden.

Wird weiterhin so gebaut, fehlt künftigen Generationen die Ackerfläche. Bild: dpa

BERLIN taz | "Kein weiterer Hektar Fläche" darf in Deutschland künftig verbraucht werden, geht es nach der Bodenschutz-Kommission des Umweltbundesamts (UBA). Die Kommission kritisiert in einer jetzt veröffentlichten Empfehlung, dass die Siedlungsfläche jährlich um 38.000 Hektar zunehme – eine Fläche, doppelt so groß wie Stuttgart. Und dies, obwohl die Bevölkerungszahl zurückgehe. Bisher sind 12 Prozent der Fläche Deutschlands bebaut oder asphaltiert. Das entspricht ungefähr der Größe von Niedersachsen. Vor 60 Jahren war es noch halb so viel.

Jens-Uwe Fischer, Leiter des Sanierungsmanagements der Deutschen Bahn und Mitautor der UBA-Empfehlung, wies außerdem darauf hin, dass der Boden für Deutschland eine der wenigen vorhandenen Ressourcen sei. "Wird er bebaut, fehlt er künftigen Generationen als Ackerfläche." Die landwirtschaftliche Nutzfläche nehme durch den Klimawandel aber sowieso ab, das Potenzial der hiesigen Böden dürfe daher nicht verschenkt werden.

Die Kommission empfiehlt, den Flächenverbrauch bis 2020 auf 30 Hektar pro Tag zu senken, danach schrittweise weiter bis auf null. Außerdem sollen bundesweit einheitliche Kriterien für die Erfassung gelten. "Es kann nicht sein, dass in einem Bundesland ein ungenutzter Truppenübungsplatz eine Erholungsfläche ist und im Nachbarland nicht", sagte Fischer.

Aber nicht nur bei den Ländern, sondern vor allem bei den Kommunen sieht die Kommission Nachholbedarf. Die sind es nämlich, die einen Großteil der Bebauung genehmigen. Ähnlich dem Handel mit Kohlenstoffzertifikaten sollen sogenannte Flächenausweisrechte kontingentiert werden. Kommunen, die besonders wenig Boden neu versiegeln und stattdessen Brachen nutzen, sollen belohnt werden.

Besonders negativ sei die Zunahme von Verkehrsflächen, sagte Franz Makeschin, Professor für Bodenkunde an der TU Dresden und Vorsitzender der Kommission für Bodenschutz. Der Bau von Straßen und Parkplätzen schädige den Boden am meisten, so genutzte Flächen müssten als zerstört gelten, denn sie können ihre natürlichen Funktionen nicht mehr erfüllen. Laut Umweltbundesamt ist fast die Hälfte der Siedlungsfläche versiegelt.

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2 Kommentare

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  • MI
    Martin Ittershagen

    Sehr geehrter Herr Goetz,

     

    werfen Sie doch einfach einen Blick auf die Website des Umweltbundesamtes (www.umweltbundesamt.de): Dort finden Sie eine Reihe von Forschungsberichten, Strategie- und Hintergrund-Papieren, die auf die negativen Folgen der Flächeninanspruchnahme hinweisen.

     

    Als Bundesbehörde können wir allerdings nicht auf konkrete Planungen vor Ort Einfluss nehmen. Das ist Aufgabe der Raumordnung der Länder und Regionen. Das Umweltbundesamt rät Kommunen und sonstigen Planungsträgern aber zum sorgsamen, sparsamen und schonenden Umgang mit Freiräumen und Böden.

     

    Die wichtigsten Papiere des Umweltbundesamtes finden Sie im Anhang.

     

    Gruß

    Martin Ittershagen

     

    Pressesprecher

    Umweltbundesamt

    www.umweltbundesamt.de

    0340 2103 2122

     

    http://www.umweltbundesamt.de/rup/index.htm

    http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/2587.pdf

    http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-k/k2587.pdf

    http://www.umweltbundesamt.de/uba-info-presse/2008/pdf/pd08-037.pdf

    http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3284.pdf

    http://www.umweltdaten.de/publikationen/fpdf-l/3576.pdf

  • HH
    Hr. Hans-Jürgen Goetz

    Sehr geehrte Leserinnen und Leser,

     

    das Umweltbundesamt täuscht mit seinen Behauptungen sein Interesse an einer Einschränkung des realen Flächenverbrauchs vor!

     

    Real unternimmt es überhaupt NICHTS, um z. B. landwirtschaftlich wichtige und notwendige Nutzflächen zu schützen oder gar zu erhalten.

     

    Das wird konkret in Mecklenburg-Vorpommern deutlich und praktiziert.

    Hier, in OVP, im Naturpark Insel Usedom, in den EU-FFH-Gebieten Peene und Peenestrom, werden gezielt landwirtschaftlich genutzte Flächen von mehreren Tausend Hecktar, geschützte Wälder, Wiesen und Polder, vernichtet, indem sie mit verseuchten Wässern überflutet werden und bestehende Hochwasserschutzanlagen (bundeseigene Deiche und Polder) gezielt beseitigt!

    Dadurch werden geschützt Wohngebiete, Grundwasserflächen, Trinkwassereinzugsgebiete, Brunnen, lebensnotwendige Hochwasserschutzpolder gezielt ersatzlos beseitigt, um Anwohner gezielt zu vernichten und freigesetzte Giftgase an ihnen heimlich zu erproben!

    ...

    Wo sind dagegen die Forderungen des Umweltbundesamtes und wo sind sie nachlesbar???

     

    MfG

    HJG