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Bodenhaftung verloren

■ GAL gegen Hafenerweiterung

Geisterstadt Moorburg. Wo früher 25 Gaststätten, sechs Einzelhändler und fünf Bäcker sich um das leibliche Wohl der MoorburgerInnen kümmerten, gibt es heute nur noch einen halbtags geöffneten „Notladen“ und zwei Kneipen. Denkmalgeschützte Gebäude gammeln vor sich hin. Wer sein Haus umbauen will, braucht dazu eine behördliche Ausnahmegenehmigung. Den notwendigen Kredit von der Bank wird er nicht bekommen: Denn im Jahr 2005 läuft die Bestandsgarantie für das südlich der Elbe gelegene Dorf, das zum Hafenentwicklungsgebiet deklariert wurde, ab.

Obwohl selbst die Wirtschaftsbehörde unumwunden zugibt, daß das Dorf auf absehbare Zeit für die Hafenentwicklung nicht gebraucht wird, dauert der Ausnahmezustand an. „Vorsorge für kommende Generationen“ heißt die Begründung für den verordneten Dämmerschlaf.

„Um diesem menschenunwürdigen Zustand ein Ende zu bereiten“, so GAL-Chefin Krista Sager, wollen die Grünen kommende Woche einen Antrag in die Bürgerschaft einbringen, der Moorburg und Francop-Ost aus dem Hafenerweiterungsgebiet entläßt. Einen gleichlautenden Beschluß fällte im vergangenen November bereits eine Mammut-Koalition aus SPD, CDU und GAL in der Harburger Bezirksversammlung.

Doch trotz eindeutigem Bezirksvotum: Chancen auf Bürgerschaftsmehrheiten hat der Antrag nicht. Die SPD machte den Verbleib Moorburgs im Hafenentwicklungsgesetz bereits in den rot-grünen Koalitionsverhandlungen zum Knackpunkt. Krista Sager klagt deshalb: „Wer einem ganzen Dorf jahrzehntelang seine Entwicklungschancen verwehrt, um am Sankt-Nimmerleins-Tag dorthin den Hafen auszudehnen, hat jede Bodenhaftung verloren“.

Marco Carini

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