■ Schöner Leben: Blöde Vögel!
Mein Vogelhäuschen und ich sind ein seltsames Paar. Genausogut könnte man sich Fotokalender mit lachenden Wiesengründen aus Dinkelsbühl aufhängen oder aus Versehen an Bad Bevensen denken. So ähnlich ist das in etwa mit meinem Vogelhäuschen: Es passiert nichts, tut auch nicht not, und trotzdem kuckt man hin. Zu Anfang dachte ich noch, die Vögel müßten doch erfunden werden, die nicht kostenloses Futter zu würdigen wüßten. Aber anscheinend müssen die Vögel noch erfunden werden. Andererseits sind unsere Vögel womöglich sagenhaft satt, fett und autonom. Wiederum ist ein vogelfütternder Tierfreund erstaunlich sinnlos, dessen Freundschaft im Winde verpufft wie bei anderen Leuten Benzindämpfe. Aber seien Sie ehrlich: pickende Flugtiere in naturverwandter Umgebung vor dem Küchenfenster, das gibt einem doch ein gutes Gefühl der eigenen Saturiertheit, ohne dafür vor die Tür gehen zu müssen.
Ich weiß gar nicht, wer von mir verlangt, daß ich Vogelhäuschen aufstelle. Ich stelle ja auch kein Hundeklöchen auf oder hänge Heu in den Schober, damit Kühe kommen. Wahrscheinlich ist das prinzipielle Aufstellen von Vogelhäuschen ein Vorgang von relativ minderer Schwere und zeugt höchstens von einer seltsamen Vorstellungswelt, in der sich Vögel zum Essen hinsetzen. Möglicherweise ist man auch in der Erlebnisebene verrutscht und sollte besser ins Flughafenrestaurant gehen, als auf eventuell pickende Flugtiere zu warten und sich durch penetrantes Nichtpicken in seiner Mildtätigkeit einschüchtern zu lassen. Aber nicht mit mir. Da denk ich denn doch lieber grundlos an dies und jenes und laß diejenigen fahren, die meinen, sie müßten scheinheilig Würmer fressen. Von mir aus dann auch im Fliegen . Claudia Kohlhase
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