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■ PDS-Parteitag und offene ListeBlick in die Tiefe

Das Gute ist nicht immer Ausdruck von Stärke. Die PDS hat erfreulicherweise am Wochenende auf die ersten zehn Plätze ihrer quotierten Landesliste fünf Personen gewählt, die ohne Parteiticket fahren. Tatsächlich ist die offene Liste aber nicht nur Ausdruck von Offenheit und innerparteilicher Demokratie, die Parteistrategen schon immer suspekt war, weil sie allzu oft zu ungeplanten Ergebnissen führt. Nein, die offene Liste ist auch Zeichen der Schwäche. Fünf Jahre nach der Wende ist die PDS aufgrund vielfältiger Strömungen stärker mit sich selbst beschäftigt als andere Parteien. Vor diesem Hintergrund mußten Personen wie Hans Modrow, der mit dem anstehenden Wahlfälschungsprozeß der PDS mitten im Wahlkampf eine ungeliebte Vergangenheitsdebatte aufgezwungen hätte, auf eine Kandidatur verzichten. Auch ließen die Delegierten den Stasi-Polarisierer Dirk Schneider recht entschlossen abblitzen. Fraktionschef Zotel, der für „Kontinuität und Erneuerung“ stehen sollte, verzichtete zugunsten des parteilosen Erneuerers Wolf und wird versuchen, ein Direktmandat für das Abgeordnetenhaus zu gewinnen. Und so wurde für Parteilose manch aussichtsreicher Platz frei, den in etablierten Parteien kein Funktionär lebend hergegeben hätte.

Dennoch hat ein Drittel der Berliner PDS – auch das zeigte dieser Parteitag – sich noch lange nicht erneuert. Dieses Drittel nämlich verübelte der Landesvorsitzenden Petra Pau und dem Landesvorstand, daß sie Modrow zu einem Verzicht auf eine Kandidatur gedrängt haben. Dieses Drittel verweigerte Pau trotzig auch die Zustimmung, und so bekam sie die Quittung in Form eines Ergebnisses von 63 Prozent. Letztlich aber zählt sie zu den Gewinnerinnen dieses Wochenendes. Pau und der Landesvorstand balancierten am Rande des Machbaren – ohne in die Tiefe zu stürzen. Dirk Wildt

Bericht auf Seite 23

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