■ Bleibt Nazi-Hymne folgenlos?: Beklagen darf sich niemand
Noch sind nur die Ermittlungen gegen die Einheit des Bundesgrenzschutzes abgeschlossen, die in der Nacht zum 2. Mai in Kreuzberg das Horst-Wessel-Lied grölten. Doch die Einstellung des Verfahrens zeichnet sich ab. Das dürfte etliche Menschen, gerade in Kreuzberg, in ihrem Bild bestätigen, das sie von der Polizei haben. Wer aber nur von einem generellen Vertuschungsinteresse der Staatsgewalt ausgeht, hat eine verzerrte Wahrnehmung. Auch wenn Innensenator Heckelmann sich dabei hervortut, daß er die skandalösen Umtriebe von Rechtsradikalen in der Polizei vertuscht – eine Faschistentruppe mit einem einheitlichen antidemokratischen Corpsgefühl ist die Polizei nicht. Erst vor wenigen Tagen verurteilte ein Gericht einen Polizisten wegen des Absingens des Horst-Wessel-Lieds. Ausdrücklich vom Richter belobigt wurde dabei ein anderer Polizist wegen seiner Zivilcourage, trotz Drucks auf seiner Anzeige beharrt zu haben. Auch der neueste Skandal in der Polizeischule wurde von Polizisten selbst angezeigt. Wenn die Ermittlungen gegen die BGS-Truppe eingestellt werden, dann eben nicht nur, weil es beim Staatsschutz kein Ermittlungsinteresse gäbe, sondern weil es schlicht an Zeugen des Vorfalls mangelt. Wolfgang Wieland, der Fraktionsvorsitzende von Bündnis 90/Grüne, ahnte vor zwei Wochen bereits das Dilemma: Jetzt hinge viel davon ab, ob sich weitere Zeugen meldeten und „Szene-Angehörige ihre Hemmungen gegen die Polizei überwinden“. Überwunden hat sich offenbar keiner. Unsolidarisch im Regen stehengelassen wurden damit aber auch die drei Zeuginnen, die die Ermittlungen überhaupt ins Rollen brachten. Wenn jetzt das Verfahren eingestellt werden sollte, braucht sich deshalb zu niemand beklagen. Gerd Nowakowski
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