Bleiberecht für geduldete Ausländer: Zwei Jahre auf Bewährung
Die Innenminister einigen sich auf eine Übergangslösung für tausende geduldete Ausländer: zwei Jahre verlängertes Bleiberecht. Was danach geschieht, ist weitgehend offen.
Das Bleiberecht für geduldete Ausländer in Deutschland wird um zwei Jahre bis Ende 2011 verlängert, wenn sich die Flüchtlinge um einen Job bemühen. Darauf einigten sich die Innenminister auf ihrer Herbsttagung in Bremen. Ohne Verlängerung der Regelung hätte im kommenden Jahr etwa 30.000 Flüchtlingen der Rückfall in die Duldung und damit möglicherweise die Abschiebung gedroht.
Die Bleiberechtsregelung war bis zuletzt zwischen Union und SPD umstritten. Noch am Donnerstag ließ Berlins Innensenator Ehrhart Körting (SPD) verkünden, es werde "keine Einigung" mit der CDU geben. Bremens Innensenator Ulrich Mäurer (SPD) erklärte am Freitag deshalb, er sei "sehr froh über die einvernehmliche Einigung", auch wenn die Verhandlungsführer dafür noch eine "Nachtsitzung" einlegen mussten.
Der Beschluss sei eine "humanitäre Großtat, von der Sie nicht viele auf der Welt finden werden", verkündete der CDU-Verhandler Volker Bouffier aus Hessen. Von einem "vernünftigen Kompromiss" sprach Körting. Ein Teil der bundesweit 30.000 Geduldeten, deren Aufenthaltserlaubnis auf Probe Ende des Jahres ausläuft, bekommt nun eine zweijährige Bewährungsfrist. "Vor die Klammer", wie Körting es nannte, rutschen all diejenigen, die in den vergangenen sechs Monaten eine Halbtagsbeschäftigung hatten oder "glaubhaft nachweisen" können, dass sie im nächsten halben Jahr eine solche aufnehmen werden. Sie bekommen eine Aufenthaltserlaubnis bis 2011, unabhängig davon, wie viel Geld sie mit ihrem Job verdienen.
Das Gleiche gilt für alle, die seit 2007 einen Schulabschluss erlangt haben, eine Berufsausbildung abgeschlossen haben oder unmittelbar vor einer solchen stehen. "Diese Menschen haben dokumentiert, dass sie sich in unsere Gesellschaft integrieren wollen", sagte Körting. Wer in den vergangenen Jahren keinen Job gefunden hat, muss nachweisen, dass er sich zumindest darum "bemüht" hat. Auch dann gibt es eine Aufenthaltserlaubnis für zwei Jahre. In diesen Fällen gelten erschwerte Bedingungen für Familiennachzug.
"Wir wollen die angestammte Bevölkerung in ihrem Verständnis nicht überfordern", sagte Hessens Innenminister Bouffier. Da alle Geduldeten rechtskräftig ausreisepflichtig seien, sei es schwer vermittelbar, ihnen ein Bleiberecht zu geben "bloß weil sie nun mal schon hier sind". Der bayerische Innenminister Joachim Herrmann (CSU) ergänzte, es sei "von grundsätzlicher Bedeutung, an dem Grundsatz festzuhalten, dass es keine Zuwanderung in die deutschen Sozialsysteme geben darf".
Was nach den zwei Jahren geschieht, ist weitgehend offen. Der neue Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) erklärte, sich für eine bundesgesetzliche Altfallregelung einsetzen zu wollen, die aber erst nach Ablauf der Regelung der Innenministerkonferenz, also ab 2012, greifen solle. Ein solches Gesetz könne dann "vielleicht auch andere Gruppen" umfassen - etwa all die Geduldeten, die erst nach dem 17. November 1998 eingereist sind. Sie sind vom geltenden Bleiberechtskompromiss ausgeschlossen. Nach Schätzungen handelt es sich um über 60.000 Menschen.
Den Rückfall in die Duldung und womöglich die Abschiebung müssen jetzt all jene fürchten, die kein "Bemühen gezeigt haben", einen Job zu finden. Wie so ein Bemühen überhaupt nachweisbar ist, ist laut Körting eine "Vollzugsfrage". Als Nachweis könne er sich etwa Bewerbungsschreiben oder -annoncen vorstellen. Wenn jedoch jemand "überhaupt keinen Bock hat, sich hier zu integrieren, dann habe ich auch keinen Bock, dem ein Aufenthaltsrecht zu geben", sagte Körting. Das betreffe jedoch nur eine "ganz kleine" Minderheit von "vielleicht 5 Prozent". "Die überwältigende Mehrheit würde lieber heute als morgen arbeiten, um für sich selbst zu sorgen", sagte Körting.
Flüchtlingsorganisationen kritisierten den Beschluss. "Ich freue mich für jeden, der darunter fällt", sagte Volker-Maria Hügel von Pro Asyl. Doch nach wie vor seien knapp 100.000 Geduldete ausgeschlossen, die gar kein Bleiberecht auf Probe bekommen haben, weil einer der Ausschlusstatbestände auf sie zutrifft oder sie erst nach dem Stichtag nach Deutschland kamen.
Hinzu kämen all diejenigen, die "nichts leisten können, weil sie alt, traumatisiert oder arbeitsunfähig sind". Die Minister hätten eine "völlig unzureichende Entscheidung getroffen und die vernünftige Lösung auf die lange Bank geschoben", so Hügel. Vor allem sei er enttäuscht, dass kein Stopp von Abschiebungen nach Syrien, ins Kosovo und in den Iran beschlossen wurde.
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