■ Querspalte: Bleiben Sie dran!
Mehmet im Marienhof. Daily Soaps sind beliebt. Das beweist nicht nur die Clinton-Lewinsky-Affäre. Man muß auch nicht alle Folgen solcher Serien begleiten. Ohne Informationsverlust lassen sich gleich mehrere überspringen. Dennoch ist man schon nach den ersten Szenen immer wieder mittendrin im Geschehen. Fast wie im richtigen Leben. Bei den handelnden Personen gibt es die guten und die bösen. Genau wie im richtigen Leben. Dabei muß die Story so platt wie möglich sein, aber mit einem ordentlichen Schuß gutes Herz.
Die Geschichte von Mehmet dem Räuber ist eine solche Soap: In der ersten Folge fängt der bajuwarische Sheriff Beckstein den jungen Mehmet. Dann entdeckt das alte Rauhbein eben dieses Herz bei sich. Er will dem Missetäter helfen. Von sich selbst weiß er aber, daß eine Resozialisierung in seinem Voralpen-Distrikt nicht gewollt wird. Trotzdem setzt er alles daran, dem Bengel eine neue Chance zu geben. In einem fernen Land. Gegen viele Widerstände gelingt ihm dies schließlich. In der Fremde angekommen, wird Mehmet ein Held. Er trifft auf die Gutmenschen eines Fernsehsenders. Kaum der Landessprache mächtig, schenken sie ihm sogar eine eigene Talk-Show. Mehmet wird zum Shooting- Star für kleine Mädchen. Die verfolgen ihn „bis auf die Toilette“. Sex gehört nämlich auch dazu. In der letzten Folge wird im Studio ein Computer vermißt. Sofort gerät Mehmet in Verdacht. Der Tunichtgut wird wieder verhaftet. Keiner weiß, wie es jetzt weitergehen soll. Wie im richtigen Leben. Nun hat der Zuschauer das Wort. Entscheiden Sie per TED: 089-2192...01: Der Gerätewart hat den Computer versteckt, Mehmet darf weiter talken... 02: Mehmet gibt den Diebstahl zu und wird nach Bayern abgeschoben... 03: Mehmet findet neue Freunde mit guten Ideen... 04: Mehmets Freundin verläßt ihn, Mehmet schließt sich der Russen-Mafia an. Die Telefone im bayrischen Innenministerium sind rund um die Uhr geschaltet. Es bleibt spannend, kaufen Sie schon mal die Kartoffel-Chips? Otto Diederichs
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