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Archiv-Artikel

Blaumachen ist aus der Mode

Die Zahl der Krankmeldungen sinkt in Berlin auf den niedrigsten Stand seit 1997, ergibt eine DAK-Umfrage

Die gute Nachricht gleich zu Beginn: In Berlin sind im Vergleich zum Vorjahr weniger Menschen erkrankt. Eine schlechte gibt es aber auch: Im bundesweiten Vergleich ist man noch immer Schlusslicht. Dies geht aus dem aktuellen Gesundheitsreport der Deutschen Angestellten Krankenkasse (DAK) hervor. Die Kasse hatte die Krankschreibungen ihrer rund 90.000 erwerbstätigen Mitglieder in Berlin ausgewertet. Die Anzahl sank 2005 von 4 auf 3,8 Prozent. Im Bund liegt der Durchschnitt bei 3,1 Prozent.

„Das ist der niedrigste Wert seit 1997“, betont Sandra Kluge vom Institut für Gesundheits- und Sozialforschung Berlin. Dennoch: Das Land hält neben Brandenburg noch immer die rote Laterne hoch. Erstmals lagen in Berlin die psychischen Erkrankungen an dritter Stelle. An erster Stelle lägen Muskel-Skelett-Erkrankungen, also etwa Rückenleiden, an zweiter Atemwegserkrankungen.

Warum der Krankenstand in Berlin höher ist als bundesweit, kann DAK-Landesgeschäftsführer Herbert Mrotzeck nicht beantworten: „Ob die Arbeitsbedingungen schlechter oder die Lebensbedingungen in der Großstadt – wie Stress, Lärm oder Umweltbelastungen – dafür verantwortlich sind, lässt sich schwer sagen.“ Den gesunkenen Krankenstand erklärt er sich mit der schwachen konjunkturellen Entwicklung und der hohen Arbeitslosigkeit. Der Druck auf die Arbeitnehmer wäre dadurch größer.

Schwerpunktthema des aktuellen Reports war die Gesundheit von Frauen im mittleren Alter, also zwischen 45 und 65 Jahren. Herz-Kreislauf-Erkrankungen, also Herzinfarkt, hätten sich in dieser Gruppe als häufigste Krankheit feststellen lassen. „Von der Bevölkerung werden diese Krankheiten immer noch als männliches Krankheitsbild wahrgenommen“, stellt Kluge fest. Folge: Viele Frauen würden die Gefahr eines Infarktes unterschätzen. „Vielfach sterben Frauen öfter an Herz-Kreislauf-Erkrankungen als an Brustkrebs“, stellt sie fest.

Problematisch sei auch, dass Frauen nach einer solchen Erkrankung nicht schnell genug behandelt werden. „Offenbar werden die Symptome falsch gedeutet“, mutmaßt Professor Vera Regitz-Zagrosek von der Charité. Zudem gebe es bei Ärzten Wissensdefizite im Hinblick auf die unterschiedlichen Anzeichen von Frauen und Männern. „Bei Frauen stehen Schwäche, Kurzatmigkeit, Übelkeit oder Nackenschmerzen im Vordergrund, bei Männern Brustschmerzen“, sagt sie. Kays Al-Khanak