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„Bittere Bananen“

■ Süße Früchte und Menschenrechte, Durchfall und Morde

Die Banane: das manchmal hämische Symbol deutsch-deutscher Vereinigungs-Begehrlichkeiten, die exotische Frucht mit niedrigerem Preis als beispielsweise Äpfel aus dem Alten Land. „Bittere Bananen“ heißt die bundesweite Kampagne von Solidaritätsgruppen, die auch in Bremen aufklären will: Bei uns sind die Bananen billig, weil sie unter mörderischen Bedingungen angebaut werden. Die taz sprach mit Jesus Alirio Guevara, Chef der Bananen-Gewerkschaft in Columbien, der heute in Bremen zum Thema eine Veranstaltung macht.

taz: Welche Rolle spielt Bremen im Bananengeschäft?

Jesus Alirio Guevara: In Bremerhaven werden die meisten Bananen umgeschlagen.

Die bundesdeutschen Solidaritätsgruppen informieren: Bananen sind bitter und blutig. Sie sind hier billiger als Äpfel, weil die Menschen in Columbien unter mörderischen Bedingungen arbeiten müssen...

Ich weiß nicht, ich habe diese Preis-Kalkulationen nicht aufgestellt. Die Produzenten machen hohe Gewinne, aber sie geben ihre Statistiken nicht weiter.

Wie leben Bananen-Arbeiter in Columbien?

Sie arbeiten 48 Stunden pro Woche, seit dem Vetrag von 1987, sie verdienen als Mindestlohn 1.490 Pesos pro Woche, wer mit Akkord zuarbeitet, kann 70-90.000 Pesos im Monat verdienen.

Ist das viel oder wenig?

Verglichen mit Landarbeitern ist das viel, aber verglichen mit dem, was er bekommen müßte und in der Region an Preisen bezahlen muß, wenig.

Eine Sozialversicherung gibt es nur für ca. 20% der Arbeiter, aber selbst wenn man Beiträge bezahlt, gibt es keine Leistungen, weil es keine Krankenhäuser, Ambulanzen oder Laboratorien gibt. Die Gewerkschaft hat deshalb geraten, diese Mitgliedschaften zu stoppen.

Bananen und Menschen werden aus Flugzeugen mit Pestiziden besprüht...

Die Arbeiter leben in Baracken auf den Plantagen, eng zusammengepfercht mit den Familien. Sie sind das ganze Jahr den Pflanzenschutz-Sprühaktionen ausgesetzt. Das Gift verseucht auch das Trinkwasser in den Tanks und Flüssen. Die Menschen haben Allergie, Hautkrankheiten, Husten, Durchfall...

Was soll die Kampagne erreichen?

Die Columbien-Gruppen hier sollen ihre Solidarität erneuern.

Sollen die VerbraucherInnen hier diese blutigen Bananen boykottieren?

Früher haben wir einen Boykott erwogen; das ist jetzt nicht opportun. Die Beziehungen zwischen Arbeitgeber und Arbeitern haben sich verbessert, die multinationalen Konzerne haben stärker investiert.

Wieso sind die Bananen blutig?

Ein Beispiel: Es gab ein Massaker an 43 Campesinos, von paramilitärischen Gruppen. Die kamen unbehelligt an militärischen Kontrollpunken vorbei. Die Leichen wurden in der Finca La Tange gefunden, die Fidel Castano gehört, Drogenboss und Großgrundbesitzer, Chef einer paramilitärischen Organisation.

Haben sie politische Forderungen?

Gewerkschaften, Regierungen, Parlamentsvetreter sollen sich äußern, daß die Menschenrechte respektiert werden, man muß die paramilitärischen Gruppen auflösen, die Mörder bestrafen, die frei auf den Straßen herumlaufen.

Der Richterin, die nach einem Massaker an Campesinos den ersten Haftbefehl ausstellte, haben sie den Vater ermordet, haben sie gezwungen, ins Exil zu gehen. Ihre Nachfolgerin Maria Elana Diaz ist 15 Tage später ermordet worden.

Wie ist Ihr Alltagsleben?

Meine größte Angst ist, daß die Mörder meine Frau als Opfer nehmen. Auf der Straße bleibe ich nicht stehen, trinke keine Bier, keinen Kaffee. Ich glaube, daß ich deshalb noch lebe.

Fragen: S.P.,

Übers.: Ricarda Knabe

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