: Bischöfe geben im Kreuzstreit nach
Polens Bischöfe wollen das Papstkreuz in Auschwitz stehenlassen. Die über 200 anderen Kreuze sollen woanders aufgestellt werden. Warschaus Oberrabbiner hofft jetzt auf eine Intervention des Papstes ■ Aus Warschau Gabriele Lesser
Im Streit um das sogenannte „Papstkreuz“ vor dem ehemaligen Konzentrationslager Auschwitz hat der ständige Rat der polnischen Bischofskonferenz den Forderungen ultrakatholischer Gruppen nachgegeben. Das acht Meter hohe Kreuz soll trotz jüdischer Proteste an der umstrittenen Stelle stehenbleiben. Die Bischöfe, die am Dienstag in Tschenstochau zusammentrafen, um eine Lösung im „Kreuzstreit“ zu finden, formulierten ihre Entscheidung, ohne den Anfang des Jahres erreichten Kompromiß mit jüdischen Organisationen auch nur mit einem Wort zu erwähnen: „Das Kreuz, das am Ort einer Hinrichtung von 152 Polen steht, verdient wie religiöse Symbole all jener, die im Lager umkamen, die Achtung.“
Über 220 weitere Kreuze, die in den letzten Monaten von Anhängern des nationalkatholischen Senders Radio Maryja, von Rechtsradikalen und Skinheads „zur Verteidigung des Papstkreuzes“ aufgestellt worden waren, sollen an einen anderen Ort gebracht werden. Diese Kreuze, so die Bischöfe in ihrer Erklärung, verletzten „schmerzlich die unterschiedliche Sensibilität unserer Brüder, die Juden“. Außerdem richte sich das willkürliche Aufstellen von Kreuzen an dieser Stelle „gegen das Andenken der ermordeten Opfer“ und „gegen das Wohl der Kirche und der Nation“.
Das acht Meter hohe Holzkreuz hatte 1989 der Gemeindepfarrer der Maximilian-Kolbe-Kirche mit einigen Ultrakatholiken zur Verteidigung eines Klosters auf dem Kiesplatz aufgestellt. Dort hatten die Nationalsozialisten 1941 152 katholische Polen erschossen. Eine Genehmigung des zuständigen Bischofs für das Aufstellen des sogenannten „Papstkreuzes“ gab es nicht. Der Name des Kreuzes rührt von einer Messe her, die Papst Johannes Paul II. 1979 in Birkenau zelebriert hatte. Das Kreuz wurde vom Papst aber nicht gesegnet.
Jahrelang lag es unbeachtet in einer Scheune. Erst als sich ein Kompromiß zwischen Kirchenleitung und jüdischen Organisationen abzeichnete – das Kloster, das in der ehemaligen Lagerstätte für das Giftgas Zyklon B von Nonnen eingerichtet wurde, sollte in ein neu zu erbauendes Gebäude umziehen –, begann der Boykott der friedlichen Einigung durch nationalkatholische Polen. Das illegal aufgestellte „Papstkreuz“ sollte zunächst den Auszug der Nonnen verhindern. Seit 1989 halten vor dem ehemaligen KZ sogenannte „Verteidiger des Papstkreuzes“ und ein „Komitee zur Rettung der Nation“ Mahnwachen.
Auch im von den polnischen Medien „Kreuzkrieg“ genannten Streit war es Anfang des Jahres zu einem Kompromiß zwischen polnischer Regierung, katholischer Kirche und jüdischen Organisationen gekommen: An die ermordeten Katholiken in der Kiesgrube sollte ein würdiges Denkmal mit Kreuz erinnern, das aber nicht mehr wie das acht Meter hohe Holzkreuz die Lagerzäune überragen sollte. Juden fühlten sich durch das weithin sichtbare Kreuz in ihrem Gebet gestört. Polens Oberrabbiner Pinchas Menachem Joskowicz ist enttäuscht über das Nachgeben der Bischöfe: „Für uns spielt es keine Rolle, ob es ein Kreuz oder viele Kreuze sind. Wir können unser Gebet nicht verrichten, wenn dort ein Symbol einer anderen Religion steht.“ Der Rabbiner hofft nun auf eine Entscheidung des Papstes. „Der Papst kennt die Leiden des jüdischen Volkes.“
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