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Biozulieferer zum Dioxin-Skandal"Beim Fett wird viel geschummelt"

Problem Intransparenz: Hätten die Futterhersteller gewusst, dass die Dioxin-Ware aus einer Biodiesel-Fabrik stammt, hätten "die Alarmglocken geschrillt", sagt Rudolf Joost-Meyer zu Bakum.

Freilandhühner nehmen mehr Dioxin auf. Bild: Martin AbegglenCC-BY-SA
Interview von Benno Schirrmeister

taz: Herr Joost-Meyer zu Bakum, jetzt hat der Futtermittelhersteller aus Uetersen offenbar Fahrlässigkeit eingeräumt …

Rudolf Joost-Meyer: … das ist kein Futtermittelhersteller!

Sondern?

Im Interview: Rudolf Joost-Meyer zu Bakum

RUDOLF JOOST-MEYER ZU BAKUM 50, ist Vorsitzender der Gesellschaft für Ökologische Tierernährung und Inhaber der Meyerhof zu Bakum GmbH, die Biobauern sämtlicher Verbände von Demeter über Gäa und Bioland bis Neuland beliefert.

Dioxin im Essen

Bioeier: Es gibt keine Erkenntnisse, dass auch Bioeier von der Dioxinverseuchung durch Industriefette betroffen sind. Bioland, der Verband ökologischer Erzeuger, erklärte, dass in der von ihm kontrollierten biologischen Tierhaltung "die Verfütterung von konventionell erzeugten Futterfetten verboten" sei. Den überwiegenden Teil der Futtermittel erzeugten die jeweiligen Bioland-Tierhalter selbst. Der andere Teil komme nur aus Futtermittelbetrieben, die von Bioland geprüft und voll auf Bioproduktion umgestellt seien.

Restrisiko: Auch bei Bioeiern gibt es das Restrisiko einer Dioxinbelastung. Christiane Groß von Foodwatch weist darauf hin, dass ein Futterlieferant seinen Abnehmer betrügen und Fremdstoffe ins Futter beimischen könne. Ein solcher Fall hatte sich im Frühjahr 2010 ereignet. Bei einer Dioxinverseuchung von Bioeiern durch Mais aus der Ukraine waren die Produkte der Discounter Lidl und Aldi Süd betroffen.

Grenzwerte: Die letzten verbindlichen Grenzwerte für den Dioxingehalt in Lebensmitteln stammen aus einer EU-Verordnung aus dem Jahr 2006. Für Ei- und Milchprodukte liegt die zulässige Gesamtmenge bei drei Picogramm pro Gramm Fett, also bei drei Billionstel Gramm. Bei Muskelfleisch von Fischen sind es vier Picogramm, bei Lebererzeugnissen sechs und bei Rind- und Lammfleisch ebenfalls drei. (els)

Das ist ein Fettlieferant. Die Futtermittelhersteller beziehen von dem Fette für Mischfutter. Und der hatte wiederum von einem holländischen Händler Öle gekauft, der sie von einer Emder Biodiesel-Fabrik geliefert bekam. Also das Fett ging von Emden aus in die Niederlande, von dort nach Schleswig-Holstein und von da an verschiedene Mischfutterhersteller.

Ein umständlicher Weg.

Und der Kern des Problems: Wenn die Mischfutterhersteller am Ende der Kette gewusst hätten, dass in den Fetten aus Uetersen Ware aus einer Biodiesel-Fabrik ist, hätten bei denen schon die Alarmglocken geschrillt. Dann hätten die nachgefragt: Was ist das denn? Habt ihr wenigstens eine Dioxinanalyse? Weil die Herkunft der Ware aber verschleiert worden ist, hat der Futtermittelhersteller keine Chance, auch nur einen Verdacht aufzubauen. Diese Anonymität des Warenverkehrs ist das Hauptproblem.

Und die wird durch die EU-Futtermittelrichtlinie, die seit vergangenem Jahr gilt, begünstigt?

Die bremst sie nicht. Der Handel mit Futtermittelkomponenten hat ein hohes Interesse an Anonymisierung. Und das führt zum Risiko. Sobald genau klar ist, was woher kommt, ist der Schummelei ein Riegel vorgeschoben.

Könnte man sie nicht ebenso durch Kontrollen eindämmen?

Nein. Dioxin ist schwierig nachzuweisen, weil es nur in Mikrospuren vorkommt. Es gibt nur eine Handvoll Labore in Deutschland, die das können, es ist mit 400 Euro pro Probe auch eine teure Angelegenheit - und dauert mindestens zwei, oft drei Wochen. Bis dahin ist die Ware längst verarbeitet und draußen.

Eine Frage des Grenzwerts?

Das kommt speziell bei Hühnereiern hinzu: Der ist mit 3 Picogramm pro Kilo Eifett sehr niedrig. Der Grenzwert bei Fisch ist ein Mehrfaches davon - dabei gibt es genügend Leute, die mehr Fisch essen als Eier. Das ist ein politischer Grenzwert, den die Käfigindustrie durchgedrückt hat. Man wollte die Freilandhaltung ausbremsen.

Freilandhühner nehmen mehr Dioxin auf?

Ja, durch Bodenkontakt. Das Ausbremsen ist nicht ganz geglückt: Die Freilandhalter sind in der Lage, den Grenzwert einzuhalten. Wichtig ist, dass die Auslauffläche für die Hühner grün und nicht schwarz ist: Im Gras ist nichts. Wenn das Gras weg ist, steigt auch die Belastung. Die Eier von den Mistkratzern, die bei der Oma hinterm Haus laufen, haben sowieso fünf Picogramm. Es ist aber ein Unterschied, ob ein Huhn belastet ist, weil es sich in einer belasteten Umwelt bewegt, oder ob technische Öle und damit Dioxine zusätzlich in den Kreislauf eingeschleust werden.

Und wie vermeiden Sie das als Biohersteller?

Bei uns sind alle Sorten von tierischen Fetten, alle Gemische aus pflanzlichen und tierischen Fetten und auch gehärtete Fette verboten. In den Misch- und Härtungsprozessen gibt es immer Möglichkeiten, Verschiedenstes unterzumischen. Da wird viel geschummelt. Da entsteht das Kontaminationsrisiko. Deshalb darf in Biofutter nur reines Pflanzenöl.

Wird die Eierherstellung dadurch nicht teurer?

Natürlich. Biofutter kostet doppelt so viel wie konventionelles.

Und Biohühner fressen mehr: Macht das saubere Eier also viel teurer?

Nein. Das bisschen Öl, die zusätzlichen Fettkosten, das schlägt nicht auf den Eierpreis durch. Das ist im Null-Komma-Bereich. Lukrativ wird das erst bezogen aufs Kilogramm Fett.

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11 Kommentare

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  • KS
    Karl-Wilhelm Schmidt Newskarlwilismus

    Alles ist vergiftet?

     

    Deutsche Lebensmittel beliebter denn je, voran die Milch, aber was ist mit den Eiern, die mit Dioxine belastet sind? Und was ist mit den Getränken, wie zum Beispiel, Weine und manche Biere und so weiter, die durch Europa nicht mehr den Reinheitsgeboten unterliegen, wie früher in Deutschland? „Wer sich für 20,-€ im Supermarkt den Einkaufswagen voll lädt, und glaubt, das sei kein Risiko, hat definitiv einen Knall.“ Dioxin in Hühnerfutter, Eier und Geflügel. Jetzt auch noch die Schweine! Doch reicht es für alle, wenn wir aus der Massenproduktion aussteigen? Die seriösen Zeitungen werden an Bedeutung verlieren, wenn sie diese Verbrechen nicht aufdecken. Die Internetzeitung ist die Zukunft. Durch Benzin und Brötchen werden die Bundesbürger immer mehr geschröpft. Der Aufschwung kommt bei über 80% der deutschen Bevölkerung nicht an. Die Energiepreise sind von heute auf morgen gestiegen. Das Rentensystem ist eine Bankrotterklärung, in anderen Ländern wie Holland, Dänemark, gibt es eine Staatliche Grundrente für jeden Bürger, warum nicht in Deutschland?

     

     

    Mit freundlichen grüßen

    Karl-Wilhelm Schmidt

    Newskarlwilismus

  • KW
    Karl W. Kliem

    Bio-Hühner müssen im Freiland gehalten werden, dadurch nehmen die Hennen grundsätzlich mehr Schadstoffe aus der Umwelt auf. Die Dioxin-Belastung in Bio-Eiern ist grundsätzlich höher als bei solchen aus Stallhaltung. Des Weiteren waren im Mai 2010 ausschließlich Bio-Eier vom letzten Dioxin-Skandal betroffen. Dies wurde aber schnell unter den Teppich gekehrt, passt eben nicht in die politisch-korrekte Bio-Ideologie. Welche hochgefährlichen Substanzen im Bioanbau auch noch eingestetzt werden hat Anja Reschke jüngst recherchiert und war sehr ernüchtert ( Kupfer, Schwefel etc.). Außerdem sind die Risiken der Bildung von hochtoxischen Mycotoxinen ( tausendmal toxischer als Dioxin) in Bio-Produkten exorbitant höher, da Pilzkrankheiten nicht richtig bekämpft werden. Bio-Ideologen- träumt weiter und bezahlt fleisig teures Geld für riskante Produkte.

  • N
    Norbert

    Schon interessant, wie man aus diesem Interview herauslesen will, dass Bioeier gesünder sind. Dort steht, dass gerade das Mistkratzerei von Omi aus dem Kleingarten schon per se über dem Grenzwert liegt. Und das generell Freiland mehr Dioxin enthält als Stallhaltung. Zitat: >>Bei nordrhein-westfälischen Rindern hat das Umweltministerium die giftigen Chemikalien PCB und Dioxin nachgewiesen. Bei jedem vierten untersuchten Freilandrind wurden die zulässigen Grenzwerte überschritten. Einige Höfe dürfen bereits ihr Rindfleisch nicht mehr für den Verzehr verkaufen

  • F
    Frank

    Die Verbrennung von Lebensmitteln ist ja schon ein toller Einfall. Das Etikett "Bio" ist dessen konsequent, geniale Umsetzung und das Mittel zur Steuerung der oeffentlichen Meinung in die gewuenschte Richtung. Da sind Profis am Werk, die unser aller Bestes wollen. Prima Klima fuer Verbrennungsmotoren.

     

    Aber, zurueck zum Abfallprodukt Dioxin.

    Unter welchen Bedingungen (Chlor muss vorhanden sein, bestimmte Temperaturen sind erforderlich) dieses Gift entsteht, produziert wird ist bekannt. Wo also befindet sich die Produktionsstaette, der Geburtsort dieser Substanz?

     

    Wieso ist es ueberhaupt erlaubt Dioxin zu produzieren?

    Ist es nicht erstaunlich, dass die Erzeugung von Giften erlaubt ist und deren Freisetzung, das ist die Ausbringung in den Lebensraum Umwelt, dann durch Grenzwerte legalisiert wird?

     

    Am Rande: Dioxin ist nicht nur vom menschlichen Koerper

    nicht abbaubar.

    Einmal aufgenommen verbleibt es im Koerper. Jede weitere Aufnahme akkumuliert sich.

    Interessant diese Grenzwerte. Die Gesundheit der Menschen scheint da -nicht- das zu sein, was da unter dem Schutz des Gesetzes steht. Im Gegenteil; Auf diese Weise wird die Produktion des giftigen Stoffes "legalisiert" und auf potentielle Beschwerden der Geschaedigten -praeventiv- (man weiss dass es giftig ist!!) reagiert.

    1 + 1 sind nicht 2 Portionen Gift sondern jeweils eine erlaubte und eine eine weitere erlaubte Portion legaler Vergiftung von Mensch und Umwelt.

  • DJ
    Doris Joost-Meyer zu Bakum

    Da ist wohl eine Verwechselung des Fotos passiert. Das auf dem Bild ist nicht mein Bruder, das Interview sicherlich schon von ihm.

     

    ***Anmerkung der Redaktion: Das Foto wurde leider versehentlich verwechselt. Danke für den Hinweis.

  • A
    AndreasJ

    Warum findet man diese erhellenden Infos nicht in anderen Medien? Weil man sich dort um den Verlust von Anzeigenkunden sorgt? Oder seine redaktionellen "Leitlinien" verfolgt?

    Sehr gerecht eigentlich, wer die grauenhafte Käfighaltung unterstützt, bekommt die Strafe dafür in Form von etwas Dioxon gleich mitgeliefert.

  • R
    Rod

    Da bin ich aber froh, dass ich mich vegan ernähre. Ich kann nur alle Menschen auffordern, sich auch vegan zu ernähren. Erstens macht das ständig übersäuerte Millieu durch Ernährung mit tierischen Eiweisen krank oder fördert Krankheiten. Zweitens ist es gesünder, drittens ist es wirtschaftlicher und zuletzt umweltfreundlicher. Die schlimmsten Umweltverschutzer sind Produzenten tierischer Nahrung.

  • W
    weber

    Nur beim Fett? - Ha! Ha! Ha!

  • S
    Soja

    Danke für das sehr gute Interview. Ich weiß schon, warum ich nur Bio Eier von ausgesuchten Erzeugern esse.

    Dieser Fall ist ja nicht der erste und wird nicht der letzte bleiben.

  • G
    Gockel

    Klasse Interview. Mehr davon!

  • HD
    Hendik D.

    Endlich etwas Aufklärung. Aber ob Ökohersteller oder Konventionell, immer hätten die Alarmglocken Klingeln müssen. Mir geht das jetzt schon auf den Keks wenn Thilo Bode und Eckard Nieman wie wild auf die sogenannten Agrarfabriken schimpfen, dabei trifft dies jeden.