Biopic über Tupac Shakur: Im Kreis von schönen Frauen
Ist er ein Dokudrama über den Aufstieg des Rappers Tupac Shakur? Oder fasziniert von Gangsta-Exzessen? Der Film „All Eyez On Me“ schwankt.
Als CNN der Schwarzen bezeichnete Chuck D – Mastermind der legendären Public Enemy – einmal den HipHop, jene Musikrichtung, die Anfang der 80er Jahre ihren Siegeszug antrat und inzwischen längst den musikalischen Mainstream beherrscht. Würde man diese Aussage für bare Münze nehmen, müsste man die Realität der Schwarzen in den USA als von Sex, Drogen und Gewalt geprägt betrachten, als Gangsterleben, in dem harte Kerle sich in Fehden umlegen, Champagner trinken, high werden und Frauen in zwei Kategorien eingeteilt werden: Mütter, meist alleinerziehende Heilige, und Schlampen, die mit dem Hintern wackeln und während eines Blowjobs schon nach dem nächsten, besseren, reicheren Typen schielen.
Ein wenig zugespitzt mag dieser Blick auf HipHop sein, wobei selbst ein weitgehend heldenverehrendes Biopic wie „All Eyez On Me“ über den Rapper Tupac Shakur nicht ohne kurze Momente der Introspektion auskommt. Da sieht man, wie Tupac, der gerade wegen sexueller Nötigung im Gefängnis sitzt, in einem TV-Interview gefragt wird, ob er nicht glaubt, dass seine oft gewalttätigen, sexistischen Texte dazu beigetragen haben, dass er hinter Gittern sitzt. Mehr als einen verächtlichen Blick hat der Rapper für diese Frage, ja, diese schier unerhörte Behauptung nicht übrig, die der Journalist – wohlgemerkt ebenfalls ein Schwarzer – vorbringt, und im weiteren Verlauf des Films spielt das Thema praktisch keine Rolle mehr.
Was schade ist, denn gerade der Zusammenhang zwischen der Realität eines Lebens in den Ghettos US-amerikanischer Großstädte, geprägt von Armut, zerrütteten Familien, Gewalt und Drogen, und der Musik, die dieses Leben beschreibt, spiegelt, kommentiert, aber mit ihrer Betonung auf einem heroischen, von Sex und Geld geprägten Gangsterleben auch verklärt, wäre ein faszinierendes Thema.
Denn selbst die Texte von Rappern, die unverkennbar ein Interesse haben, die Situation der Schwarzen schonungslos zu reflektieren – von Public Enemy über Mos Def bis hin zu eben Tupac Shakur – sind nie frei von teils erschreckendem Sexismus, was sich nicht zuletzt in den Videos dieser Künstler zeigt, die gern von den Insignien des Erfolgs geprägt sind: schnellen Autos, fetten Villen, sprudelndem Champagner und vielen, vielen mehr oder weniger leichtbekleideten Frauen.
Viel Zeit verbringt auch der von Regisseur Benny Boom – vor allem für Musikvideos bekannt – inszenierte Film damit, Shakur im Kreis von schönen Frauen zu zeigen, die schmückendes Beiwerk im Studio, bei Konzerten und so ziemlich allen anderen Orten sind, an denen er sich aufhält. Reichlich ermüdend ist das auf Dauer, konterkariert vor allem das Bild von Shakur als Sohn von Eltern, die einst für die Black Panthers aktiv waren und gegen die Unterdrückung der Schwarzen kämpften.
So recht scheint sich Boom nicht entscheiden zu können, was er erzählen will: Mal wirkt „All Eyez On Me“ wie ein Dokudrama, das mit ermüdender Genauigkeit den Aufstieg von Shakur zum Superstar des HipHop nachzeichnet, die legendäre Fehde zwischen seinem Label Death Row von der Westküste und der Konkurrenz an der Ostküste, die womöglich zu Shakurs nie aufgeklärter Ermordung 1996 führte, dann stilisiert er das Leben des Rappers und seines Umfelds wie bei einer mafiaähnlichen Familie, geprägt von Loyalität bis in den Tod.
„All Eyez On Me“. Regie: Benny Boom. Mit Demetrius Shipp Jr., Kat Graham u. a. USA 2017, 140 Min.
Zu gern würde man einmal einen Film über Rap sehen, in der die enorm wichtige, aber oft auch fragwürdige Rolle dieser Musik, vor allem aber auch der mit ihr verbundenen Kultur wirklich differenziert dargestellt würde. – „All Eyez On Me“ ist dieser Film nicht, dafür ist er viel zu fasziniert vom Exzess, der das kurze, schnelle Leben von Tupac Shakur prägte.
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